Verstopfung durch Hagel keine „Überschwemmung“

Verstopfung durch Hagel keine „Überschwemmung“

Ein Wasserschaden durch angestautes, abschmelzendes Hagelwasser stellt keine "Überschwemmung" iSd der Sturmversicherung dar.

Sachverhalt

Am 28. Juli 2021 ereignete sich ein starker Hagelfall, der dazu führte, dass sich auf der Liegenschaft der Kläger am unteren Stiegenantrittsbereich eines nicht überdachten Kelleraußenabgangs, direkt vor der Außenzugangstür in den Keller, Hagelkörner anhäuften. Dadurch wurde der im Antrittsbereich befindliche Entwässerungsgully verlegt, sodass das Niederschlagswasser nicht mehr ausreichend abfließen konnte und sich mit dem abschmelzenden Hagelwasser anstaute. Das drückende Wasser gelangte über die geschlossene Türe in das Gebäudeinnere und beschädigte Böden und Wände im Keller des Wohnhauses.

Die VN haben vom Versicherer aufgrund dieses Ereignisses 5.000 EUR an Versicherungssumme erhalten. Sie fordern jedoch 15.000 EUR und meinen, es habe sich die versicherte Gefahr einer Überschwemmung realisiert.

Relevante Bestimmungen der AVB

Dem Versicherungsvertrag lagen die Besonderen Bedingungen der Beklagten für Eigenheim-Topschutz-PLUS (EH TOP PLUS 2020 G/Stufe 4) zugrunde (BB EH).

3. STURMVERSICHERUNG:

3.1. Schäden an Gebäuden oder Gebäudebestandteilen durch Überschwemmung, Vermurung und Lawinen und die bei diesen Schadenereignissen anfallenden Kosten (Punkte 1.12. und 1.13.) sind mit einer Versicherungssumme von € 5.000,– auf Erstes Risiko versichert.

Überschwemmung ist die Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsortes

– durch Witterungsniederschläge,

– durch Kanalrückstau als ausschließliche Folge von Witterungsniederschlägen

– durch Ausuferung von oberirdischen stehenden oder fließenden Gewässern.

3.4. Schäden an innen liegenden Gebäudebestandteilen durch Witterungsniederschläge (Niederschlagswasser, Schnee oder Hagel) sind mit einer Versicherungssumme von € 5.000,– auf Erstes Risiko versichert, wenn die Witterungsniederschläge durch die Dachhaut oder durch ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren eingedrungen sind.

Darüber hinaus lagen dem Vertrag die „Besonderen Bedingungen HW/5/1“ (BB HW/5/1) zugrunde.

Abweichend von den vereinbarten Allgemeinen und Besonderen Bedingungen ist folgende Erweiterung des Versicherungsschutzes vereinbart:

Schäden an Gebäuden oder Gebäudebestandteilen durch Überschwemmung und die bei diesen Schadenereignissen anfallenden Kosten sind mit einer zusätzlichen Versicherungssumme von EUR 15.000,00 auf Erstes Risiko versichert.

Überschwemmung ist die Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsortes

– durch Witterungsniederschläge,

– durch Ausuferung von oberirdischen stehenden oder fließenden Gewässern.

Die Leistung für Schäden durch Kanalrückstau als ausschließliche Folge von Witterungsniederschlägen ist innerhalb der vereinbarten Gesamtversicherungssumme in jedem Fall mit EUR 5.000,00 begrenzt.

OGH-Entscheidung

Die BB HW/5/1 verlangen für den Versicherungsfall „Überschwemmung des versicherten Grundstücks“ eine „Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsortes“. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine – in den Bedingungen nicht näher definierte – Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsorts dann anzunehmen, wenn sich dort erhebliche Wassermengen ansammeln (vgl BGH VersR 2005, 828 mwN in der deutschen Lehre; v. Rintelen in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung4 § 8 Rn 54). Der Begriff der „Überschwemmung“ bzw „Überflutung“ impliziert darüber hinaus, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt.

Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass sich erhebliche Wassermengen auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts angesammelt haben, hat sich das Wasser doch nur auf dem wenige Quadratmeter großen Antrittsbereich einer außenliegenden Kellertreppe angestaut. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend erkannt, dass schon die primäre Risikobegrenzung der „Überschwemmung“ nicht gegeben ist.

7 Ob 110/24p – Schäden als unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr

Gemäß Art 1.2.1 AStB 1998 sind Schäden versichert, die durch die unmittelbare Einwirkung einer versicherten Gefahr (hier: Hagel) eintreten. Unmittelbares Einwirken ist gegeben, wenn die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den Schaden ist (7 Ob 110/11v mwN; vgl RS0109771; RS0127591).

Nach dem Hagelunwetter hätten die Hagelkörner den Acker des Klägers mit einer Schicht von rund 10 cm Höhe bedeckt. Durch den warmen Regen seien die Hagelkörner schnell abgeschmolzen. Als unvermeidliche Folge des Hagelschlags habe sich die Erdkruste des Ackers, welche durch die Hagelschloßen an der Oberfläche durchschlagen worden sei, gelöst. Die dadurch entstandenen Wassermassen mit Ackerschlamm hätten im hinteren Außenbereich des nahe gelegenen Gebäudes derart stark angedrückt, dass dort eine Ausschwemmung erfolgt und das Wasser in weiterer Folge in den Kellerraum des Gebäudes eingedrungen sei. Damit liegt keiner der nach Art 1.2.1 zweiter Halbsatz der unmittelbaren Einwirkung gleichgehaltenen Fälle vor.

zurück