Reisestornoversicherung – Pandemieausschluss

Reisestornoversicherung – Pandemieausschluss

Auch wenn vor der Verletzung des VN die Pandemie eintrat, ist ein Versicherungsfall erst mit der zur Reiseunfähigkeit führenden Verletzung des Klägers eingetreten. Da die Verletzung des Klägers aber nicht auf die Pandemie zurückzuführen war, ist der Risikoausschluss "Pandemie" nicht anwendbar.

Sachverhalt

Der Kläger hatte einen Heliskiing-Urlaub in Alaska vom 28. 3. 2020 bis 4. 4. 2020 und einen Hin- und Rückflug von Seattle nach Alaska gebucht. Am 11. 3. 2020 sprach die WHO eine Pandemiewarnung aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19) aus. Am 13. 3. 2020 trat ein allgemeines Einreiseverbot in die Vereinigten Staaten von Amerika für Reisende aus dem Schengenraum in Kraft. Der Kläger erlangte davon Kenntnis und wartete die Ereignisse vorerst ab.

Am 18. 3. 2020 überknöchelte der Kläger als er eine Stiege in seinem Wohnhaus hinunter ging. Dabei zog er sich eine Verletzung des rechten oberen Sprunggelenks zu, die zu seiner Reiseunfähigkeit führte. Am 20. 3. 2020 stornierte der Kläger seinen Heliskiing-Urlaub und kurz darauf auch den Hin- und Rückflug von Seattle nach Alaska; dafür musste er 100 % Stornokosten entrichten.

Der Reisestornoversicherer wendete ein, nach den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Ereignisse infolge von Epidemien und Pandemien bestehe kein Versicherungsschutz.

Relevante Bestimmungen der AVB

Allgemeinen Bedingungen für alle umfassten Sparten

6. Nicht versicherte Ereignisse:

Neben den unten angeführten allgemeinen Ausschlüssen vom Versicherungsschutz gelten zusätzlich besondere Ausschlüsse in den jeweiligen Sparten.

6.1.11. Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die infolge von Epidemien und Pandemien auftreten;

Abschnitt Stornoschutz

2. Versicherte Ereignisse:

2.1. Plötzliche, unerwartete, schwer(e) Krankheit, Bruch oder Lockerung von implantierten Gelenken, Unverträglichkeit oder Unfallverletzung des Versicherten, wenn sich daraus zwingend die Reiseunfähigkeit ergibt.

OGH-Entscheidung

Zweck und Wesen einer Reiserücktritts- oder Stornoversicherung bestehen darin, einem Reisenden bei einem im Vertrag angegebenen Rücktrittsgrund den finanziellen Verlust abzudecken, sodass sich das Buchungsrisiko in einem solchen vom Vertrag erfassten Fall auf einen eventuell auf ihn entfallenden Selbstbeteiligungsbetrag (Selbstbehalt) beschränkt, der regelmäßig erheblich hinter der ansonsten anfallenden – und im Regelfall nach Reiseart und Rücktrittszeitpunkt gestaffelten – Stornopauschale zurückbleibt. Insoweit besteht nur Einzelgefahrendeckung (7 Ob 79/14i mwN).

In der zum Stornoschutz in den dortigen Art 1.1.1. und 2.2.1. der AVB enthaltenen primären Risikoumschreibung wird festgelegt, welche – zur Reiseunfähigkeit führenden – Ereignisse von der Versicherungsdeckung umfasst sind. Danach tritt der Versicherungsfall dann ein, wenn durch plötzliche, unerwartete, schwere Krankheit, Bruch oder Lockerung von implantierten Gelenken, Unverträglichkeit oder Unfallverletzung des Versicherten die Reiseunfähigkeit bewirkt wird.

Die Beklagte bezweifelt in ihrer Revision zu Recht nicht mehr, dass beim Kläger ein versichertes Ereignis in Form eines zur Stornierung führenden Unfalls eingetreten ist. Sie führt lediglich ins Treffen, dass der in Punkt 6.1.11. der AVB enthaltene Risikoausschluss für infolge von Pandemien auftretende Ereignisse zum Tragen komme. Der hier von der Beklagten herangezogene Fall des Einreiseverbots ist schon von der primären Risikoumschreibung zum Storno nicht erfasst.

Mit der Verhängung des Einreiseverbots hat sich daher kein im Rahmen der Stornoversicherung des Klägers versichertes Ereignis verwirklicht; vor der Verletzung des Klägers lag somit auch noch gar kein Versicherungsfall vor. Ein Versicherungsfall ist erst mit der zur Reiseunfähigkeit führenden Verletzung des Klägers eingetreten. Da die Verletzung des Klägers aber nicht auf die Pandemie zurückzuführen war, ist der Risikoausschluss des Art 6.1.11. des allgemeinen Teils der AVB auf ihn nicht anwendbar. Für die Verletzung des Klägers besteht daher Versicherungsdeckung im Bereich Stornoschutz des Versicherungsvertrags.

zurück