Photovoltaik und Gefahrerhöhung

Photovoltaik und Gefahrerhöhung

Der Batteriespeicher einer Photovoltaikanlage ist als eigenständiger gefahrenerhöhender Umstand zu qualifizieren. Für eine Anzeigepflicht bedarf es einer positiven Kenntnis des VN vom gefahrerhöhenden Umstand.

Sachverhalt

Die Kläger schlossen mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, mit dem das in deren Hälfteeigentum stehende Haus unter anderem gegen Feuer versichert wurde.

Nach Abschluss des Versicherungsvertrags ersuchten die Mieter des Hauses ihre Vermieter – die Kläger –, eine Fotovoltaikanlage errichten zu dürfen, was diese auch genehmigten. Tatsächlich errichteten die Mieter nicht nur eine Fotovoltaikanlage, sondern auch einen Batteriespeicher. Dieser bestand aus einer Serienparallelschaltung von rund 60 „Autobatterien“, die unsachgemäß zusammengefügt wurden. Er war nicht durch ein konzessioniertes Fachunternehmen errichtet worden und verfügte über kein durchgehendes technisches Konzept. Am 6. Februar 2023 ereignete sich im versicherten Haus – ausgehend von dem Batteriespeicher – ein Brand.

Der Versicherer berief sich auf Leistungsfreiheit mangels Anzeige einer Gefahrerhöhung gemäß § 23 VersVG.

Relevante Bestimmungen der ABS

Artikel 2 Gefahrenerhöhung

1. Nach Vertragsabschluss darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrenerhöhung vornehmen oder Vornahme durch einen Dritten gestatten. Erlangt der Versicherungsnehmer davon Kenntnis, dass durch eine von ihm ohne Einwilligung des Versicherers vorgenommene oder gestattete Änderung die Gefahr erhöht ist oder tritt nach Abschluss des Versicherungsvertrages unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers eine Erhöhung der Gefahr ein, so hat er dem Versicherer unverzüglich in geschriebener Form Anzeige zu erstatten.

OGH-Entscheidung

Eine Gefahrenerhöhung nach § 23 Abs 1 VersVG ist eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämien fortzusetzen (RS0080357; RS0080237). Darunter wird ein Gefährdungsvorgang verstanden, der seiner Natur nach geeignet ist, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadenfalls bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist (RS0080491). Allgemein übliche, das Durchschnittsrisiko kennzeichnende Gefahrenerhöhungen und solche, deren Unterstellung unter die §§ 23 ff VersVG den Versicherungsschutz der Mehrzahl der Versicherungsnehmer erheblich entwerten würde, sind mitversichert (RS0130147).

Nur eine vom Versicherungsnehmer willkürlich herbeigeführte Gefahrenerhöhung (subjektive Gefahrerhöhung – vom VN vorgenommen oder gestattet) hat Leistungsfreiheit nach § 25 Abs 1 VersVG zur Folge. Dem Wissen des Versicherungsnehmers um die Gefahrenerhöhung steht dessen verschuldetes Nichtwissen gleich, wenn dieses so schwer ins Gewicht fällt, dass es wegen der Sinnfälligkeit der Gefahr (dem Wissenmüssen) einer positiven Kenntnis gleichkommt (RS0080030). Dem Versicherungsnehmer muss klar sein, dass seine Verhaltensweise geeignet ist, die Gefahr des Eintritts des Versicherungsfalls zu vergrößern. Es muss ihm zumindest ein der positiven Kenntnis gleichkommendes schwerwiegendes Nichtwissen um die Gefahrenerhöhung anzulasten sein (vgl 7 Ob 180/18y). Für das Vorliegen einer Gefahrenerhöhung trifft den Versicherer die Beweislast (RS0043736; RS0080487; 7 Ob 14/18m).

Das Berufungsgericht verneinte eine Leistungsfreiheit der Beklagten mangels Vorliegens einer gewillkürten Gefahrenerhöhung im Sinn des § 23 Abs 1 VersVG. Kausal für den Ausbruch des Brandes sei der Batteriespeicher gewesen. Die Kläger seien aber weder in positiver Kenntnis des Einbaus des Batteriespeichers gewesen, noch sei ihnen ein diesem gleichkommendes schwerwiegendes Nichtwissen daran anzulasten. Es seien nämlich weder Verdachtsmomente vorgelegen, noch seien solche überhaupt behauptet worden, aus denen die Kläger hätten schließen müssen, dass ihre Mieter nicht nur die genehmigte Fotovoltaikanlage errichten würden.

Ob eine bestimmte Handlung die versicherte Gefahr erhöht, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RS0080366, 7 Ob 98/15k). Eine Fotovoltaikanlage bedarf an sich keines Batteriespeichers, sie kann aber durch einen solchen ergänzt werden. Vor diesem Hintergrund hält sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, „isoliert“ auf den – für den Brand kausalen – Batteriespeicher als eigenständigen gefahrenerhöhenden Umstand abzustellen im Rahmen seines Ermessensspielraums.

Anmerkung

Da der Brand alleine vom Batteriespeicher ausging und die VN keine positive Kenntnis von diesem hatten, hat der OGH die Frage, ob die Errichtung der Photovoltaikanlage als gefahrerhöhender Umstand anzuzeigen gewesen wäre, nicht geklärt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese anzuzeigen gewesen wäre. Da der Batteriespeicher als eigenständigen gefahrenerhöhenden Umstand qualifziert wurde, schadete die Nichtanzeige der Errichtung der Photovoltaikanlage nicht.

Der OGH verweist außerdem darauf, dass es keines Eingehens auf die Frage, ob die Beklagte durch die Deckungserweiterung für Fotovoltaikanlagen schlüssig auf den Einwand der Gefahrenerhöhung verzichtete, bedarf, da das Berufungsgericht bereits die gewillkürte Gefahrenerhöhung durch Einbau des Batteriespeichers nicht korrekturbedürftig verneinte. Das Berufungsgericht ging nicht von einem Verzicht auf den Einwand der Gefahrerhöhung aus.

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