Feuerversicherung: Definition „Brand“

Feuerversicherung: Definition „Brand“

Ein Schadenfeuer ist ein solches, das die Fähigkeit besitzt, sich selbständig auszubreiten. Das Vorliegen eines Brandes ist nicht davon abhängig, ob sich das Feuer tatsächlich ausgebreitet hat oder die Ausbreitung – etwa durch rechtzeitige Löscharbeiten oder wie hier die Platzierung der Brandquelle entfernt von brennbarem Material – noch verhindert werden konnte.

Sachverhalt

Im Zeitraum vom 24. 12. 2021 bis 9. 1. 2022 wurde im Unternehmen der Klägerin aufgrund eines Betriebsurlaubs ein Ölradiator aufgestellt, um Frostschäden während dieser Zeit zu verhindern. Am 3. 1. 2022 kam es im Unternehmen der Klägerin zu einem nicht bestimmungsgemäßen unkontrollierten Brennen der Bestandteile (brennbare Kunststoffteile und Kunststoffe der elektrischen Bauteile) des Ölradiators. Die Bestandteile des Ölradiators wurden zu einem Großteil thermisch umgesetzt. Die Brandausbruchsstelle befand sich im Ölradiator, wobei der Brand auf einen elektrischen Kurzschluss an den Bauteilen des Ölradiators, konkret im Bereich des Schnellheizers, zurückzuführen ist.

Aufgrund der Platzierung des Ölradiators in ausreichender Entfernung von brennbaren Stoffen und auf nicht brennbarem Untergrund blieb der Brand auf den Ölradiator begrenzt. Die abtropfenden Kunststoffteile wären jedoch in der Lage gewesen, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen.

Relevante Bestimmungen der AFB 2002

Artikel 1 Versicherte Gefahren und Schäden

1. Versicherte Gefahren

1.1. Brand: Brand ist ein Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet (Schadenfeuer). […]

OGH-Entscheidung

Der Oberste Gerichtshof hatte bislang Versicherungsbedingungen für die Feuerversicherung zu beurteilen, die als „Brand“ ein Feuer definierten, das ohne einen bestimmungsmäßigen Herd entsteht oder ihn verlässt und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (7 Ob 55/04w; 7 Ob 274/03z zu den AFB 1984).

Ein Brand setzt nach dieser Bedingungslage ein Feuer voraus. Als Feuer wird jeder Verbrennungsvorgang mit Lichterscheinung verstanden, wobei die Lichterscheinung in Flammen, Funken oder in einem Glimmen bestehen kann, solange die Bedingungen – wie hier – keine Flammenbildung vorsehen (vgl 7 Ob 28/19x mwN). Diese Voraussetzung ist hier unzweifelhaft erfüllt.

Ein weiteres Kriterium für das Vorliegen eines „Brandes“ ist die Abgrenzung zum Bagatellfeuer, die in den bisher beurteilten Bedingungen mit der Wortfolge „[…] dass sich das Feuer aus eigener Kraft auszubreiten vermag“ vorgenommen wurde. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen: Selbständige Ausbreitungsfähigkeit des Feuers setzt voraus, dass es im konkreten Fall – wenn auch nur unter den dann vorliegenden besonderen atmosphärischen Bedingungen – die Fähigkeit zum zündenden Weitergreifen auf andere Stoffe aufweist. Das Feuer muss daher die von ihm für eine wenigstens geringfügige, über seine Ausgangsstelle hinausgehende Ausdehnung im Raum benötigte Energie als Reaktionsenergie selbst ausreichend bereitstellen (7 Ob 28/19x mwN).

Für eine Ausbreitung des Feuers ist damit lediglich erforderlich, dass es sich von dem Ort seiner ersten Entstehung selbständig entfernt; eine geringfügige räumliche Ausdehnung reicht daher (vgl 7 Ob 28/19x; Saria in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG § 82 Rz 9; Kath/Kronsteiner ua, Praxishandbuch Versicherungsvertragsrecht I, Rz 1934; Gisch, Brandbegriff in der Feuerversicherung, ZVers 2023, 42 f). Eine großflächige oder gar potentiell unbeschränkte weitere Ausbreitung des Feuers verlangt der Wortlaut der Definition nicht.

Hier liegt – unabhängig davon, ob sich im konkreten Fall das Feuer nicht ausgehend von den Kriterien der oben angeführten bisherigen Rechtsprechung ohnehin bereits innerhalb des Ölradiators vom Schnellheizer auf die anderen brennbaren Teile „ausgebreitet“ hat – unzweifelhaft ein ausbreitungsfähiges Feuer vor, weil nach den erstgerichtlichen Feststellungen die abtropfenden Kunststoffteile in der Lage gewesen wären, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen.

Zu beurteilen blieb damit, ob die nach früherer Bedingungslage unzweifelhaft ausreichende Ausbreitungsfähigkeit des Feuers (arg: „vermag“) auch nach aktueller Bedingungslage für die Beurteilung als „Brand“ im Sinn der Versicherungsbedingungen ausreicht. Das ist zu bejahen.

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass auch nach der neuen Bedingungslage der AFB 2002 ein Schadenfeuer ein solches ist, das die Fähigkeit besitzt, sich selbständig auszubreiten. Das Vorliegen eines Brandes im Sinne dieser Versicherungsbedingungen ist nicht davon abhängig, ob sich das Feuer tatsächlich ausgebreitet hat oder die Ausbreitung – etwa durch rechtzeitige Löscharbeiten oder wie hier die Platzierung der Brandquelle entfernt von brennbarem Material – noch verhindert werden konnte.

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