Diebstahl unabhängig von Bereicherungsvorsatz

Diebstahl unabhängig von Bereicherungsvorsatz

Laut AVB liegt ein Einbruchsdiebstahl vor, wenn ein Täter in die versicherten Räumlichkeiten einbricht und Sachen wegbringt, unabhängig davon, ob dem Täter ein Bereicherungsvorsatzes nachzuweisen ist.

Relevante Bestimmungen der AVB

Dem gegenständlichen Versicherungsvertrag „A* Business Absicherung für Betriebe“ liegen die Allgemeinen Bedingungen der A* Business Absicherung für Sach- und Betriebsunterbrechungsrisken (ASBB 2014) zugrunde.

Teil D – Einbruchdiebstahlversicherung

1. Versicherte Gefahren und Schäden

1.1 Versichert sind Sachschäden, die durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchdiebstahl entstehen (Schadenereignis).

Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses eintreten.

1.2 Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn ein Täter in die Versicherungsräumlichkeiten

1.2.1 durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen einbricht;

1.2.2 unter Überwindung erschwerender Hindernisse durch Öffnungen, die nicht zum Eintritt bestimmt sind, einsteigt;

1.2.3 einschleicht und aus den versperrten Versicherungsräumlichkeiten Sachen wegbringt;

1.2.4 durch Öffnen von Schlössern mittels Werkzeugen oder falscher Schlüssel eindringt.

Sachverhalt

Der Kläger mietete ab September 2017 ein Atelier in einer ehemaligen Traktorfabrik zur Ausübung seiner künstlerischen Tätigkeiten an und schloss bei der Beklagten die Versicherung „A* Business Absicherung für Betriebe“ ab.

Im Zuge eines Streits zwischen dem Kläger und seiner Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses, haben Gehilfen der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Klägers aufgebrochen und die im Atelier befindlichen Fahrnisse an einen dem Kläger unbekannten Ort verbracht. Vier Monate später erfuhr der Kläger, dass seine Gegenstände in einem Container auf demselben Fabriksgelände eingelagert waren und erlangte beinahe sämtliche Fahrnisse wieder zurück.

Der Kläger begehrte Schadenersatz, weil ein Einbruchsdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Die Beklagte lehnte die Deckung ab mit der Begründung, es liege mangels Bereicherungsvorsatz weder ein versuchter noch ein vollendeter Einbruchsdiebstahl im Sinn der Versicherungsbedingungen vor.

OGH-Entscheidung

Nach den Versicherungsbedingungen wird die versicherte Gefahr als Schaden beschrieben, der durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchsdiebstahl entsteht. Da der Rechtsbegriff des Einbruchsdiebstahls in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung hat, wäre er grundsätzlich im Sinn der §§ 127, 129 Abs 1 StGB auszulegen. Allerdings enthalten die Versicherungsbedingungen eine eigenständige Definition des Begriffs „Einbruchdiebstahl“, die nicht mit jener in §§ 127, 129 Abs 1 StGB übereinstimmt, sodass hier nicht ohne Weiteres auf den strafrechtlichen Begriffsinhalt abgestellt werden kann.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers sowie stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung und, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers.

Im Sinne der Versicherungsbedingungen liegt sohin bereits ein Einbruchsdiebstahl vor, wenn ein Täter in die versicherten Räumlichkeiten einbricht und Sachen wegbringt. Ob der Täter die Sachen behalten oder anderweitig verwenden will, ist für das gegenständliche Vorliegen eines Einbruchdiebstahls irrelevant.

Gegenständlich ist unstrittig, dass die Gehilfen der Vermieterin in das Atelier des Klägers eingebrochen und Gegenstände entwendet haben. Daher liegt ein Einbruchsdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, unabhängig von dessen Bereicherungsvorsatzes.

Blog-Beitrag von Franz-Georg Oberlercher

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