Schadenersatzrechtsschutz aus Anbahnung Geschäftsführerposition

Schadenersatzrechtsschutz aus Anbahnung Geschäftsführerposition

Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen iSd § 17 Abs 1 Z 1 Gleichbehandlungsgesetz sowie nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes ist nach dem privaten Schadenersatzrechtsschutz gedeckt, auch wenn es sich um die Anbahnung einer Geschäftsführerposition gehandelt hat.

Sachverhalt

Nachdem der Kläger auf eine Ausschreibung der Stelle des Geschäftsführers in der Wiener Zeitung aufmerksam geworden war, bewarb er sich auf diese Stelle. Nach Absolvierung mehrerer Hearings wurde ihm letztlich mitgeteilt, dass man sich für einen anderen Kandidaten entschieden habe. Es erfolgte eine entsprechende Medienaussendung, aus der sich ergab, dass der bestehende kaufmännische Geschäftsführer für fünf weitere Jahre wieder bestellt worden ist.

Der Kläger begehrt Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen iSd § 17 Abs 1 Z 1 Gleichbehandlungsgesetz sowie nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes im Zusammenhang mit seiner Bewerbung um die Stelle des Geschäftsführers.

Zwischen den Streitteilen besteht eine ÖAMTC-Mobilitäts- und Konsumenten-Rechtsschutzversicherung. Der Vertrag umfasst einen Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz, einen Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz sowie einen Arbeitsgerichts-Rechtsschutz. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die ÖAMTC-Mobilitäts- und Konsumenten-Rechtsschutzversicherung 2019 (MKRB 2019) zugrunde.

Relevante Bestimmungen der MKRB 2019

Art 7 Allgemeine Ausschlüsse

1. Der Versicherungsschutz umfasst nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen,

1.7 aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen sowie aus dem Bereich des Handelsvertreterrechts;

Art 17 Konsumenten-Rechtsschutz

2.1 Versicherte Risiken

Versicherungsschutz besteht für die folgenden, abschließend aufgezählten Risiken:

2.1.1 Schadenersatzrecht

Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines im privaten Lebensbereich erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens.

2.1.6 Arbeitsrecht

2.1.6.1 Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherers in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber in Verfahren vor Arbeitsgerichten.

OGH-Entscheidung

Ungeachtet des Umstands, dass das StellenbesetzungsG keinen subjektiven Anspruch auf Einstellung vermittelt, und es jedenfalls öffentliche Interessen (Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich) dient, schützt das StellenbesetzungsG auch die Interessen von Bewerbern, um diese unter anderem vor unsachlichen Besetzungsentscheidungen zu bewahren. Der Schutzzweck der Norm kann damit einen Schadenersatzanspruch zu Gunsten des bestqualifizierten Bewerbers auslösen, wenn die Stelle aus unsachlichen Gründen mit einem anderen Kandidaten besetzt wurde (RS0127362 [T1]; 8 ObA 25/16h; 9 ObA 45/22s; vgl auch RS0031143).

Keine Deckung aus dem Arbeitsgerichtsrechtsschutz

Nach Art 17.2.1.6.1 MKRB hat der Kläger Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherten in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber in Verfahren vor Arbeitsgerichten zu gewähren. Ansprüche, die erst auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet sind oder aus der Anbahnung eines letztlich nicht zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses begehrt werden, fallen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht unter Versicherungsschutz, weil sich ihre Grundlage („aufgrund“) eben nicht in einem Arbeitsverhältnis haben und sie damit nicht aus einem Arbeitsverhältnis abgeleitet werden.

Versicherungsschutz nach Art 17.2.1.6.1 MKRB besteht demnach für die vom Kläger beabsichtigte Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach dem StellenbesetzungsG nicht.

Deckung aus dem privaten Schadenersatzrechtsschutz

Nach Art 17.2.1.1 MKRB besteht Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines im privaten Lebensbereich erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden. Anzumerken ist auch hier, dass sich die vorliegenden Bedingungen wesentlich von den Musterbedingungen der Rechtsschutzversicherung (ARB) unterscheiden. Weder nehmen die MKRB eine Definition der Begriffe „Privatbereich“, „Berufsbereich“ und „Betriebsbereich“ vor, noch enthalten sie Deckungsabgrenzungsausschlüsse, insbesondere im Verhältnis Allgemeiner Schadenersatz-Rechtsschutz und Arbeitsgerichts-Rechtsschutz.

Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der geltend gemachten primären Risikoumschreibungen wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen – soweit sie nicht vom Arbeitsgerichts-Rechtsschutz umfasst sind – dem privaten Lebensbereich zuordnen. Er wird daher Schadenersatzansprüche aufgrund einer – im Arbeitsgerichts-Rechtsschutz hier nicht versicherbaren – Bewerbung um ein (unselbständiges) Arbeitsverhältnis nicht als Tätigkeit ansehen, die im Beruf eintritt. Die Beklagte hat danach grundsätzlich Versicherungsschutz aus dem Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz für die beabsichtigte Geltendmachung des (deliktischen) Schadenersatzanspruchs des Klägers zu gewähren.

Der eingewandte Risikoausschluss des Art 7.1.7 MKRB umfasst nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen sowie aus dem Bereich des Handelsvertreterrechts. Dieser Risikoausschluss setzt nach dem klaren Wortlaut ebenfalls einen bereits bestehenden Anstellungsvertrag voraus. Seine Anwendung verlangt, dass derjenige, dessen rechtliche Interessen wahrgenommen werden, bereits Vertreter einer juristischen Person geworden ist (vgl BGH IV ZR 72/18). Der eingewandte Risikoausschluss greift demnach nicht.

zurück