Kosmetische OP und Krebserkrankung

Kosmetische OP und Krebserkrankung

Nach Art 2.1.b AVB besteht kein Versicherungsschutz für kosmetische Behandlungen und Operationen und deren Folgen. Die Brustvergrößerung der Klägerin war (mit-)ursächlich für das Entstehen der Kapselfibrose, womit aber auch kein Platz für die Annahme einer Unterbrechung des Risikozusammenhangs durch die Krebserkrankung bleibt.

Sachverhalt

Die Klägerin ließ im Jahr 2015 Brustimplantate zur Vergrößerung der Brust setzen. Im Zuge einer Mammographie am 8. 5. 2017 wurde ein bösartiger Tumor an der rechten Brust diagnostiziert. Nach mehreren Biopsien, einer Chemotherapie, Bestrahlungs- und Antikörpertherapie war am 23. 11. 2017 kein bösartiger Brusttumor mehr nachweisbar.

Am 16. 1. 2019 wurde bei der Klägerin die Diagnose „Kapselfibrose Grad drei bis vier“ gestellt. Bei einer Kapselfibrose handelt es sich um eine bindegewebig-narbige Verdickung des Gewebes, welches das Silikonimplantat umhüllt und je nach Grad (eins bis vier) zu Schmerzen und Verformungen der Brust führen kann. Bei der Kapselfibrose handelt es sich um die häufigste bekannte Komplikation im Rahmen von Brustsilikonimplantaten. Verschiedene Risikofaktoren begünstigen die Bildung einer hochgradigen Kapselfibrose wie zB Oberflächenbeschaffenheit des Implantats, Art der Positionierung, Tragedauer, postoperative Blutergüsse, Operationsindikation und Radiotherapie. Bei Brusttumorpatientinnen und Brustrekonstruktionen ist die Kapselfibroserate deutlich höher als bei ästhetischen Eingriffen. Evident ist eine deutliche Erhöhung des Kapselfibroserisikos durch eine Bestrahlungstherapie im Rahmen einer Tumorbehandlung.

Bei der Klägerin steht mit hoher Wahrscheinlichkeit die hochgradige Kapselfibrose an der rechten Brust mit der Tumorerkrankung und den damit erfolgten Untersuchungen bzw Behandlungen in kausalem Zusammenhang. Ohne Silikonimplantat in der rechten Brust wäre die Kapselfibrose jedoch nicht aufgetreten.

Der Krankenversicherer lehnt die Deckung für die chirurgische Entfernung der nach der Krebstherapie entstandenen Kapselfibrose ab. Die Kapselfibrose sei als Folge einer natürlichen Immunreaktion nach der Setzung des Brustimplantats zur Brustvergrößerung 2015 entstanden. Kosmetische Operationen und deren Folgen seien nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Auch wenn die Kapselfibrose durch die Bestrahlung im Rahmen der Krebserkrankung der Klägerin ausgelöst worden sei, falle sie unter den sekundären Risikoausschluss.

Relevante Bestimmungen der AVB

2. Einschränkung des Versicherungsschutzes

2.1 Kein Versicherungsschutz besteht für

2.1.b Kosmetische Behandlungen und Operationen und deren Folgen, soweit diese Maßnahmen nicht der Beseitigung von Unfallfolgen dienen.

OGH-Entscheidung

Die Krankheitskostenversicherung (§ 178b Abs 1 VersVG) knüpft an eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen einer Krankheit oder als Folge eines Unfalls an. Der Versicherungsfall besteht damit aus drei Komponenten: Ersetzt werden die Kosten einer Heilbehandlung (1), wenn diese auf einer Krankheit oder einen Unfall beruhen (2) und medizinisch notwendig sind (3). Zentrales Auslösungsmoment für eine Leistungspflicht des Versicherers in der privaten Krankenversicherung ist das Vorliegen einer Krankheit. Eine Krankheit ist ein anormaler körperlicher oder geistiger Zustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt. Für Schönheitsoperationen, die nur kosmetisch veranlasst sind, besteht keine Deckungspflicht.

Nach Art 2.1.b AVB besteht kein Versicherungsschutz für kosmetische Behandlungen und Operationen und deren Folgen, soweit diese Maßnahmen nicht der Beseitigung von Unfallfolgen dienen. Unter Folgen einer kosmetischen Behandlung und Operation versteht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer medizinische Leistungen, die ihre Ursache in der kosmetischen Behandlung und Operation haben.

Weder ihr Ausschluss noch der Ausschluss der Deckungspflicht für deren ursächliche Folgen führt zu einer unsachlichen Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Eine Deckungserwartung dahin, dass die Krankenversicherung auch die Aufwendungen für die Folgen übernimmt, die ohne die genannten kosmetischen Behandlungen und Operationen unterblieben wären und damit die Gemeinschaft der Versicherungsnehmer belasten, besteht nicht.

Nach der Theorie von der adäquaten Kausalität ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem schädigenden Umstand und dem eingetretenen Schaden nicht nur dann anzunehmen, wenn der Umstand den eingetretenen Schaden unmittelbar verursacht hat, ein adäquater Kausalzusammenhang liegt vielmehr auch dann vor, wenn eine weitere Ursache für den entstandenen Schaden hinzugetreten ist und dieses Hinzutreten nicht außerhalb der allgemeinen menschlichen Erfahrung steht. Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen war die Brustvergrößerung der Klägerin jedenfalls (mit-)ursächlich für das Entstehen der Kapselfibrose, womit aber auch entgegen der Ansicht der Klägerin kein Platz für die Annahme einer Unterbrechung des Risikozusammenhangs durch die Krebserkrankung und -behandlung bleibt.

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