Zustandekommen des Versicherungsvertrages – Pseudomakler
Ein Pseudomakler ist ein Vermittler, der zum Versicherer in einem solchen wirtschaftlichen Naheverhältnis steht, das es zweifelhaft erscheinen lässt, ob er in der Lage ist, überwiegende Interessen des Versicherungsnehmers zu wahren (§ 44 VersVG). Der Umstand, dass ein Makler in einer Sparte immer denselben Versicherer wählt, macht ihn noch nicht zu einem Pseudomakler.
Sachverhalt
Die Klägerin ist bei der Beklagten aufrecht krankenzusatzversichert. Versicherungsmaklerin der Klägerin war die Nebenintervenientin.
Der Sohn der Klägerin wurde am 12.10.2019 geboren. Am 5.11.2019 übermittelte die Klägerin den Antrag auf Mitversicherung ihres Sohnes mit Versicherungsbeginn 01.11.2019 an die Nebenintervenientin. Diese leitete den Antrag am 13.11.2019 an die Beklagte zur Prüfung weiter. Nach telefonischer Einforderung einiger zusätzlicher Informationen erstellte die Beklagte am 14.11.2019 ein Anbot für eine Mitversicherung, mit Beginn 1.11.2019 mit folgenden Zusatzangaben:
„Die Berechnung [der Prämie] bezieht sich auf oben angeführten Versicherungsbeginn und beruht auf der Voraussetzung, dass die versicherte(n) Person(en) gesund ist (sind) und keine erhöhten Risiken bekannt sind. Für einen Vertragsabschluss ist ein eigener Antrag und dessen Annahme durch die M* AG erforderlich.„
Nach Rücksprache mit der Klägerin erklärte darauf hin die Nebenintervenientin mit E-Mail vom 20.11.2019 der Beklagten gegenüber, die Klägerin nehme das Anbot an und ersuchte um Polizzierung. Die Beklagte teilte der Nebenintervenientin mit, dass der Antrag an die Fachabteilung zur Polizzierung weitergeleitet werde.
Während der Antragsprüfung durch die Beklagte wurde beim Sohn der Klägerin eine Erbkrankheit festgestellt, die der Beklagten am 21.11.2019 nachgemeldet wurde. Die Beklagte lehnte daraufhin die Annahme des Mitversicherungsantrags ab.
Relevante Bestmmungen der AVB
§ 2 Abschluss des Versicherungsvertrages
[…]
(4) Über die Antragsannahme (Beitrittsannahme) entscheidet die Geschäftsleitung des Versicherers. Anträge (Beitritte) können ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden. Die Entscheidung ist dem Antragsteller schriftlich mitzuteilen. Mit der Zustellung (Aushändigung) des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen Annahmeerklärung ist der Versicherungsvertrag abgeschlossen. Vor Abschluss des Vertrages (Beitritt zur Gruppenversicherung) besteht kein Versicherungsschutz.
(5) Bei neugeborenen Kindern verzichtet der Versicherer in der Krankheitskostenversicherung unter folgenden Voraussetzungen auf das Recht der Ablehnung [§ 2 Abs. (4)] und auf einen Leistungsausschluss ge
a) Die Eltern des Kindes müssen seit mindestens drei Monaten nach Tarifen versichert sein, die dem für das Kind beantragten Versicherungsschutz entsprechen;
b) die Mitversicherung des Kindes muss innerhalb eines Monats nach der Geburt mit Wirkung ab dem Geburtsmonat beantragt werden;
c) wenn schon Kinder vorhanden sind, müssen alle im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder unter 18 Jahren im Anschluss an die Versicherung der Eltern schon mitversichert sein.
OGH-Entscheidung
Dass die Klägerin die Voraussetzungen für die begünstigte Mitversicherung von Neugeborenen nach § 2 Abs 5 der AVB der Beklagten nicht erfüllt hat, ziehen die Revisionswerber zu Recht nicht mehr in Zweifel.
Eine Krankenzusatzversicherung kann nur auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer geschlossen werden. Hier geht es um eine begünstigte Einbeziehung eines Kindes in einen bestehenden Vertrag unter Verzicht der Beklagten auf ihr Ablehnungsrecht, wofür Bedingungen vorgesehen wurden. Das Festlegen von Bedingungen dafür hat den offenbaren Grund in der Prämienkalkulation des im Rahmen der Gesetze darin freien Versicherers (vgl 7 Ob 130/13p wo bereits aus gleicher Klausel die Rechtsansicht, dass darin eine unsachliche Differenzierung liegt, unbeantwortet blieb). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, § 2 Abs 5 der AVB der Beklagten sei in diesem Rahmen weder gröblich benachteiligend noch intransparent, ist nicht zu beanstanden.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten durch die Annahme des Anbots der Beklagten vom 14.11.2019 durch die Klägerin am 20.11.2019 noch kein Versicherungsvertrag zustandegekommen ist, ist vor dem Hintergrund der von der Beklagten gemeinsam mit ihrem Anbot vom 14.11.2019 übermittelten Zusatzangaben, ob es und wie – erst in weiterer Folge – zu einem Vertragsschluss kommen werde, nicht korrekturbedürftig, auch wenn in dem Schreiben von einem Anbot die Rede ist.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Versicherungsmakler zwar regelmäßig ein Doppelmakler, wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse“ des Versicherten dessen Interessen zu wahren (RS0114041).
Kath in Fenyves/Perner/Riedler ).
– oder Vermittlungstätigkeit zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten besteht und die Nebenintervenientin von verschiedenen Angeboten verschiedener Versicherungsunternehmen das ihrer Ansicht nach entsprechend beste Angebot für den jeweiligen Versicherungsnehmer sucht und nicht für eine bestimmte Versicherung tätig wird, keiner Korrektur. Der von der Nebenintervenientin für ein besonderes Naheverhältnis ins Treffen geführte Umstand, sie habe in der Sparte Krankenzusatzversicherung immer die Beklagte gewählt, trägt diese Schlussfolgerung nicht, weil die überdurchschnittliche Vertragsvermittlung in bloß einer einzigen Sparte schlicht darauf zurückzuführen sein kann, dass der Makler strikt die ihm obliegende Pflicht zu „best advice“ befolgt und erkennt, dass ein bestimmter Versicherer in besagter Sparte (in der Regel) Bestanbieter ist (Anmerkungen
Offen bleibt, ob die Voraussetzungen für die begünstigte Mitversicherung von Neugeborenen nach § 2 Abs 5 der AVB nur deswegen nicht vorlagen, weil die Mitversicherung des Kindes nicht innerhalb eines Monats nach der Geburt mit Wirkung ab dem Geburtsmonat beantragt wurde oder auch andere Voraussetzungen nicht gegeben waren, wie zB eine seit mindestens drei Monaten bestehende Versicherung der Eltern. Sollte es nur an § 2 Abs 5 lit b gescheitert sein, stellt sich die Frage einer Haftung der Versicherungsmaklerin wegen verspäteter Weiterleitung des Antrages und mangelnder Aufklärung über den Wirkungsbeginn, wenn sie die Familie schon davor beraten hat.