Formpflicht bei Ausübung eines Aufgriffsrechts
Die Ausübung des Rechtes auf Aufgriff eines Geschäftsanteiles einer GmbH bedarf der Notariatsaktsform.
An einer GmbH sind je zur Hälfte der Kläger und der Beklagte beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag ist ein Aufgriffsrecht für die Insolvenz des Gesellschafters wie folgt vorgesehen: „Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Geschäftsanteil an die Mitgesellschafter im Verhältnis deren Beteiligung oder an einem von diesen gemeinsam oder einvernehmlich namhaft gemachten Dritten um den – unter sinngemäßer Anwendung des zuvor beschriebenen Verfahrens zu ermittelten – Abtretungspreis abzutreten, wenn über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden ist oder die Zwangsvollstreckung gegen seinen Geschäftsanteil betrieben wird, sofern diese Maßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten wieder aufgehoben worden sind.“.
Über das Vermögen des Beklagten wird am 26. November 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt des Klägers schreibt am 8. Februar 2016 an den Masseverwalter des Beklagten, dass er im Namen seines Mandanten ausdrücklich erklärt, dessen Aufgriffsrechts gemäß Punkt XII Absatz 9 des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft auszuüben. Mit Beschluss vom 18. Februar 2016 wird der Konkurs aufgehoben. Am 5. Juli 2016 erklärt der Kläger sein Aufgriffsrecht nochmals durch einen Notariatsakt. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Abtretung des Geschäftsanteiles und stützt sich dabei auf die oben ausgeführte Klausel aus dem Gesellschaftsvertrag und sein Aufgriffsrecht im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters. Der Beklagte lehnt die Abtretung der Anteile ab, da der der Formpflicht erfüllende Notariatsakt erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens erstellt wurde.
Der OGH führt dazu aus, dass gemäß § 76 Abs 2 GmbH-Gesetz für die Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäft unter Lebenden ein Notariatsakt erforderlich ist. Auch die Ausübung des Aufgriffsrechts bedarf der Notariatsaktsform (vgl. 6 Ob 542/90). Der Notariatsaktspflicht unterliegen alle obligatorischen Geschäfte, die auf eine künftige Abtretung von Geschäftsanteilen gerichtet sind. Sowohl das Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft als auch Anbot und Annahme unterliegen dieser Formpflicht. Es ist dabei egal, ob der Erwerber bereits Gesellschafter ist oder nicht.
Eine Heilung durch einen späteren Notariatsakt war im gegenständlichen Fall nicht möglich, da der Konkurs im Zeitpunkt der Erstellung des Notariatsaktes bereits beendet war. Der Zweck der gesellschaftsvertraglichen Klausel war damit nicht mehr erfüllt, da keine Gefahr mehr vorlag, dass ein Gesellschaftsfremder den GmbH-Anteil übernimmt. Der Beklagte ist daher nicht verpflichtet, seinen Anteil an den Kläger abzutreten.