Änderung des KG-Vertrages durch letztwillige Verfügung?
Die im Gesellschaftsvertrag einer KG für den Fall des Todes eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters vorgesehenen Regelungen können durch letztwillige Verfügungen nicht einseitig geändert werden. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch mündlich oder konkludent geändert werden.
Sachverhalt
Der Verstorbene war im Todeszeitpunkt unter anderem mit je 1% als Komplementär an zwei KGs beteiligt. Die restlichen Anteile hielt eine GmbH als Kommanditistin, deren 90%-Gesellschafter der Verstorbene war. Die restlichen 10% an der GmbH hielt sein Sohn A. Ein Testament hatte er nicht. Erben waren seine beiden minderjährigen Kinder, seine Witwe und sein volljähriger Sohn A.
Mit notariellem Kodizill hinterließ er seinem Sohn A die je 1% an den zwei KGs. Die 90% an der GmbH hinterließ er allen drei Kindern.
Der Nachlass, vertreten durch die Erben (die beiden minderjährigen Erben vertreten durch einen Kollisionskurator) und der Sohn A als Legatsempfänger vereinbarten die unentgeltliche Übertragung der je 1% an den Sohn A in Erfüllung des Kodizills des Erblassers. Im Rahmen der pflegschaftsberhördlichen Genehmigung dieser Vereinbarung, gegen welche sich die Mutter der minderjährigen Kinder wehrte, war zu klären, ob diese Übertragung zulässig ist, zumal die Gesellschaftsverträge der KG eine Reglug für das Ableben des Gesellschafters vorsehen.
OGH-Entscheidung
Bei der Kommanditgesellschaft führt – außer in Fällen einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelung – der Tod eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft (§ 131 Z 4 iVm § 161 Abs 2 UGB), während der Tod eines Kommanditisten nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat (§ 177 UGB).
Schörghofer] = RS0061855 [T2]).
Die im Gesellschaftsvertrag für den Fall des Todes eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters vorgesehenen Regelungen können durch letztwillige Verfügungen nicht einseitig geändert werden. Letztwillige Verfügungen entfalten gegenüber der Gesellschaft nur insoweit Wirkungen, als sie der gesellschaftsrechtlichen Regelung nicht widersprechen; sie dürfen sie nur ergänzen (RS0012616; 6 Ob 55/18h; 2 Ob 202/05b; 8 Ob 534/91).
Foglar/Deinhardstein
Im vorliegenden Fall sehen die schriftlichen Gesellschaftsverträge der betroffenen Kommanditgesellschaften für den Fall des Ablebens eines Gesellschafters jeweils Regelungen vor, nach denen die Erben keinen Anspruch auf den Eintritt in die Gesellschaft haben, die Gesellschaft von den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt wird und im Fall des Verbleibens nur eines einzigen Gesellschafters dieser „die Gesellschaft“ – gegen Abfindung der Erben – „als Einzelfirma“ fortführen kann. Eine Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben im Sinn des § 139 UGB ist in den schriftlichen Gesellschaftsverträgen also nicht vorgesehen. Aus diesen ergibt sich für den hier vorliegenden Fall, dass nur ein einziger Gesellschafter übrig bleibt, vielmehr die Anordnung der Anwachsung des Gesellschaftsvermögens an den verbleibenden Gesellschafter sowie ein Anspruch der Erben auf Abfindung.
Das Rekursgericht ist aber zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Regelung der Gesellschaftsverträge für das Ableben eines Gesellschafters wirksam dahin abgeändert wurde, dass die Gesellschaft mit dem ruhenden Nachlass bzw den Erben fortgesetzt werden soll. Mit letztwilliger Verfügung vermachte der Verstorbene seine Beteiligungen an den beiden Kommanditgesellschaften als Vorausvermächtnis seinem volljährigen Sohn. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hatten die Kommanditgesellschaften neben ihm selbst nur einen weiteren Gesellschafter. Aus dem Wortlaut und der Verfügung in ihrem Gesamtzusammenhang leuchtet der Wille des (in der Folge) Verstorbenen hervor (zur Auslegung letztwilliger Verfügungen vgl RS0012370, zur Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen unter Lebenden RS0017915), die Geschicke des von ihm aufgebauten Unternehmens und der Gesellschaften zu regeln. Für die Kommanditgesellschaften ist der letztwilligen Verfügung eindeutig der Wille zu entnehmen, dass seine Gesellschafterstellung nach seinem Tod auf seinen volljährigen Sohn übergehen soll.
Aus dem Willen, die Gesellschafterstellung in den Kommanditgesellschaften nach seinem Tod dem volljährigen Sohn zukommen zu lassen, ergibt sich vielmehr unzweifelhaft (§ 863 ABGB), dass der (später) Verstorbene auch die rechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch den Sohn schaffen wollte, dies auch insoweit, als die Schaffung dieser rechtlichen Voraussetzungen einer Mitwirkung der A* Holding GmbH bedurfte.
Aus der sohin im Jahr 2015 gemäß § 863 ABGB wirksam vorgenommenen Änderung der Gesellschaftsverträge der beiden Kommanditgesellschaften dahin, dass diese nach dem Tod H*s mit dem ruhenden Nachlass bzw den Erben fortgeführt werden sollten, ergibt sich auch, dass die Gesellschaftsanteile des Verstorbenen in dessen Nachlass fielen. Mit der Vereinbarung vom 15. 4. 2019 verfügte der durch die erbantrittserklärten Erben vertretene Nachlass daher nicht über fremde Sachen, sondern über die in den Nachlass fallenden Gesellschaftsanteile des Verstorbenen an den Kommanditgesellschaften.
Die Erfüllung einer rechtswirksam begründeten, fälligen Verpflichtung durch den ruhenden Nachlass entspricht dem Wohl der erbantrittserklärten minderjährigen Erben. Im Fall der Nichterfüllung träfen den Nachlass Verzugsfolgen. Dass die Abtretung der Gesellschaftsanteile unentgeltlich erfolgte, ergibt sich aus der Natur der letztwilligen Zuwendung, die keine Gegenleistung vorsieht. Der Abschluss der Vereinbarung, mit der der Anspruch des volljährigen Sohnes als Vermächtnisnehmer durch den Nachlass erfüllt wurde, entspricht vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände dem Wohl der minderjährigen Erben und war daher pflegschaftsbehördlich zu genehmigen.