Verfall von Ansprüchen gegen den Geschäftsführer

Verfall von Ansprüchen gegen den Geschäftsführer

Die vertragliche Vereinbarung einer Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist nach § 25 Abs 6 GmbHG ist unzulässig.

Sachverhalt

Die Klägerinnen sind zwei in den V-Konzern eingegliederte Unternehmen. Die Zweitklägerin ist die deutsche Tochtergesellschaft der Erstklägerin. Der Beklagte war ab 1. Februar 2003 Alleingeschäftsführer der Erstklägerin. 2014 schloss der Beklagte mit der Buchhalterin I. einen Werkvertrag zur Durchführung der Buchhaltung und Gehaltsabrechnung der beiden Klägerinnen durch. Die Buchhalterin führte die Buchhaltung allerdings nicht ordnungsgemäß, sodass der Jahresabschluss 2014 der Klägerinnen nicht plangemäß erstellt werden konnte. Der Beklagte veranlasste daraufhin, dass die Buchhalterin auf Kosten der Erstklägerin einen Buchhaltungskurs besucht.

Überweisungen vom Konto der Erstklägerin wurden von der Buchhalterin I. eingegeben und waren vom Beklagten freizugeben. Überweisungen vom Konto der Zweitklägerin wurden von I. eigenständig durchgeführt. Sie hatte vollen Zugriff auf dieses Konto. 2015 und 2016 führte die Buchhalterin 28 Überweisungen an sie zuordenbare Konten durch. Sie verbuchte außerdem durch Überweisungen bereits beglichene Rechnungen in der Handkasse und nahm die Rechnungsbeträge an sich. Außerdem entnahm sie weitere Beträge ohne Rechtfertigungsbeleg. Die Erstklägerin stellte M. ein, um die Aufgaben der Buchhalterin I. zu übernehmen. M. informierte den Beklagten über die Ungereimtheiten bezüglich der Verrechnungs- und Kassakonten, dem Fehlen von Belegen und der falschen Buchungen. M. übernahm auch die Buchhaltung der Zweitklägerin und entdeckte die Überweisungen an I. Daraufhin erfolgte die Entlassung des Beklagten. Die Entlassung wurde in eine einvernehmliche Beendigung umgewandelt.

Der Beklagte wurde als Geschäftsführer bis einschließlich 2015 entlastet.

Die Klägerinnen forderten den Beklagten mit gegenständlicher Klage nun auf, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Geschäftsführerdienstvertrag mit dem Beklagten enthielt eine Verfallsfrist für Schadenersatzansprüche mit einer Dauer von vier Monaten.

OGH-Entscheidung

Der OGH stellte zusammengefasst fest, dass ein Geschäftsführer nur für eigenes Verschulden haftet. Arbeitnehmer der Gesellschaft sind keine Erfüllungs- oder Besorgungsgehilfen des Geschäftsführers. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers kann dennoch vorliegen, wenn er seine Organisations- und Überwachungspflicht schuldhaft verletzt hat.

Ein übernommenes Kontrollsystem bedarf einer regelmäßigen Evaluierung. Bereits 2012 wurde der Beklagte aufgefordert, ein 4-Augen-System im Zahlungsverkehr sicherzustellen. Der Beklagte hatte daher die Pflicht, ein entsprechendes Kontrollsystem zu implementieren. Dem Beklagten ist vorzuwerfen, dass er den Zahlungsverkehr der externen Buchhalterin I. überlassen hat ohne die Auszahlungen, wie aufgetragen, zu prüfen. Dazu kommt, dass die Tätigkeit der Buchhalterin grobe Mängel aufwies.

Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer können nach seiner Entlastung noch geltend gemacht werden, wenn Verstöße aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar waren. Dies war gegenständlich der Fall, da die unrichtigen Überweisungen nicht erkennbar waren. Die Gesellschaft musste nicht davon ausgehen, dass die Überweisungen und der Kassastand vom Beklagten nicht geprüft werden.

Weiters hat sich der OGH mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ersatzansprüche der Gesellschaft verfallen oder verjähren. § 25 Abs 6 GmbHG regelt eine fünfjährige Verjährung. Der OGH spricht mit dieser Entscheidung aus, dass eine vertragliche Vereinbarung einer Verkürzung der gesetzlichen Frist unzulässig ist. Bei § 25 GmbHG handelt es sich um eine gesetzlich zwingende Regelung. Das DHG (Dienstnehmerhaftpflichtgesetz) ist auf die Geschäftsführerhaftung nicht anzuwenden. Vergleiche und Verzichtleistungen sind mit § 25 GmbHG nicht vereinbar, wenn die Ansprüche nicht bekannt bzw. absehbar sind und nicht beurteilbar ist, inwieweit zur Befriedigung der Gläubiger diese erforderlich sind.

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