Notgeschäftsführer und Antragsrecht
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers dient nicht dem Interesse eines Dritten auf Abschluss eines von ihm gewünschten Vertrages.
An einer GmbH sind zwei Gesellschafterinnen beteiligt, jeweils wieder GmbHs. Die GmbH hat zwei gemeinsam vertretungsbefugte Geschäftsführer, welche jeweils wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschafterinnen sind. Eine der beiden Gesellschafterinnen klagt die GmbH auf Rückzahlung eines Kredites. Jener Geschäftsführer, welcher wirtschaftlicher Eigentümer der Klägerin ist, unterliegt im Zusammenhang mit diesem Verfahren einer Interessenskollision, da er sowohl die klagende Gesellschafterin als auch die beklagte GmbH vertreten würde. Der zweite Geschäftsführer kann aufgrund der gemeinsamen Vertretungsbefugnis jedoch nicht alleine handeln. Es hat sich in diesem Fall die Frage gestellt, wer den Rechtsanwalt für die beklagte Gesellschaft beauftragt.
Der zweite Geschäftsführer hat uns (Singer Fössl Rechtsanwälte) mit der Einbringung der Klagebeantwortung beauftragt, welche wir auch wegen Gefahr in Zug (Risiko der Fristversäumnis) eingebracht haben. Uns lag jedoch keine Vollmacht und keine Honorarvereinbarung mit der Gesellschaft für das Verfahren vor. Ein Gesellschafterbeschluss scheiterte.
Wir stellten daraufhin als persönlicher Antragsteller einen Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers und argumentierten das Antragsrecht damit, dass aufgrund der Interessenkollision ein Vertretungsmangel vorliegt, wegen des Verfahrens Dringlichkeit gegeben ist, wir ein rechtliches Interesse wegen der fehlenden Vollmacht und der fehlenden Honorarvereinbarung haben und kein gelinderes Mittel zur Verfügung steht, da der Gesellschafterbeschluss gescheitert ist.
Die erste Instanz hat unseren Antrag abgewiesen, mit der Argumentation, dass ein Prozesskurator bestellt werden könnten. Die erste Instanz verwies dabei auf die Entscheidung 6 Ob 79/11b, bei welcher der Antrag eines Notars, welcher eine unvertretene Gesellschaft geklagt hat, deswegen abgewiesen wurde, da er auch einen Prozesskurator hätte bestellen können.
Wir haben gegen diese Entscheidung Rekurs erhoben und argumentiert, dass wir keinen Prozesskurator beantragen können, da wir nicht Partei des Verfahrens sind. Ein Prozesskurator kann nur durch die klagende Partei beantragt werden.
Das OLG Wien hat unseren Rekurs abgewiesen, da wir kein rechtliches Interesse an der Bestellung eines Notgeschäftsführers hätten. Die fehlende Unterfertigung einer Vollmacht ist nicht ausreichend, um ein rechtliches Interesse zu begründen. Die Notgeschäftsführung dient nicht dem Interesse des Dritten auf Abschluss eines von ihm gewünschten Vertrages.
In diesem konkreten Fall ist die Fragen offen geblieben, ob Notgeschäftsführer bei einer Interessenskollision eines gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführers beantragt werden können. Das OLG Wien hat lediglich auf den Rechtssatz RS0049011 verwiesen, wonach die Verhinderung eines von zwei kollektiv vertretungsbefugten Liquidatoren durch Interessenskollision dadurch gelöst werden kann, dass ein Liquidator durch das Handelsgericht bestellt wird. Ob dies bei der Bestellung eines Notgeschäftsführers auch zulässig ist, hat das OLG Wien offen gelassen.
Zu dieser Frage hat das OLG Wien jedoch in einer anderen Entscheidung, nämlich in 6 R 236/17w entschieden und auch in diesem Fall die Bestellung eines Notgeschäftsführers abgelehnt.