Zur Auslegung des Begriffs „Kontaminierungen“
Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen immer dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden maßgeblichen Umständen zu entnehmen sein. Es ist immer das Gesamtverhalten der am Vertragsabschluss beteiligten Personen und der Zweck der von ihnen abgegebenen Erklärungen zu berücksichtigen
Die Klägerin kaufte vom Beklagten eine Liegenschaft, um darauf nach Abriss des Bestandsgebäudes eine Wohnanlage zu errichten.
Tatsächlich vereinbart, wurde dann aber, dass der Verkäufer dafür einsteht, dass die Liegenschaft „frei von jeglichen Kontaminierungen“ übertragen wird. Vor den Aushubarbeiten der Klägerin kam es aber zwischen den Vertragsparteien zu keiner inhaltlichen Erörterung darüber, was unter dem Begriff Kontaminierung/Kontamination oder auch „Beschaffenheit“ jeweils verstanden wird.
Während der durch die Klägerin veranlassten Aushubarbeiten wurde festgestellt, dass der Untergrund im südlichen Projektbereich mit Bauresten, hauptsächlich bestehend aus Ziegelbruch, aufgeschüttet worden war.
Die Klägerin machte deshalb Schadenersatz und Gewährleistungsansprüche geltend. Der Beklagte bestritt und wendete ein, beim eingebrachten Bauschutt handle es sich um keine Kontaminierung des Grundes und um keinen Mangel.
Entscheidung des OGH
Für die Auslegung von Willenserklärungen ist nicht die Vorstellung der Vertragschließenden maßgeblich, sondern ausgehend vom buchstäblichen Sinn des Ausdrucks die Absicht der Parteien zu erforschen. Die Auslegung ist am Empfängerhorizont zu messen.
Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen immer dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden maßgeblichen Umständen zu entnehmen sein. (RS0113932). Es ist immer das Gesamtverhalten der am Vertragsschluss beteiligten Personen und der Zweck der von ihnen abgegebenen Erklärungen zu berücksichtigen (RS0017807). Wird eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt, so ist bei der Auslegung des Vertrags von dessen Wortlaut auszugehen (RS0017831).
Nachdem die Klägerin ihr besonders weitgehendes Verständnis des Kontaminationsbegriffs gegenüber dem Beklagten nicht offenlegte, durfte dieser wegen des einzigen konkret besprochenen Falls einer allfälligen Verunreinigung des Grundstücks mit Öl davon ausgehen, dass es der Käuferin um eine Haftung für Verunreinigungen geht, die mit ausgetretenem Öl einhergehen.
Jegliche Kontaminierung war in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass die Haftung (zwar) nicht nur eine Verunreinigung mit Öl erfasst, sondern alle, die vergleichbare Auswirkungen haben, also die Gefährdung von Umwelt und/oder Gesundheit. Das entspricht exakt dem festgestellten Verständnis des Beklagten und jenem eines redlichen Erklärungsempfängers in der konkreten Situation. Eine Haftung für nicht Gesundheitsgefährdende Baurestmassen sah der OGH im konkreten Fall als nicht gegeben an.