Verschuldensunabhängige „Bauherrenhaftung“ bei Kranunfall

Verschuldensunabhängige „Bauherrenhaftung“ bei Kranunfall

Ein Ausgleichsanspruch kann gegen einen Liegenschaftseigentümer auch dann erhoben werden, wenn die Einwirkung nicht durch ihn selbst, sondern durch eine Person verursacht wurde, von der er die Unterlassung des die Beeinträchtigung verursachen-den schädigenden Verhaltens erwirken konnte.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft. Die Zweitbeklagte ist Eigentümerin der von dieser Liegenschaft durch eine Straße getrennten Liegenschaft. Die Erstbeklagte ist die Subunternehmerin der mit den Generalunternehmerleistungen von der Zweitbeklagten beauftragten Erstnebenintervenientin.

Im Zuge von zum Ausbau und zur Sanierung ihres Hauses von der Zweitbeklagten beauftragten Bauarbeiten stürzte der auf dem Straßengrundstück aufgestellte Turm-Dreh-Kran auf das Haus der Klägerin und beschädigte dieses.

Entscheidung des OGH

Ein Ausgleichsanspruch kann gegen einen Liegenschaftseigentümer auch dann erhoben werden, wenn die Einwirkung nicht durch ihn selbst, sondern durch eine Person verursacht wurde, von der er die Unterlassung des die Beeinträchtigung verursachenden schädigenden Verhaltens erwirken konnte (RS0010648).

Seine Dispositionsbefugnis in Form eines effektiven Hinderungsrechts wird dann zugrunde gelegt, wenn er zum Schädiger in einem sich darauf beziehenden Rechtsverhältnis steht. Ein schädigendes Verhalten des beauftragten Bauunternehmers und seiner Leute ist dem Liegenschaftseigentümer in diesem Fall zuzurechnen (5 Ob 190/11v).

Eine Haftung trifft aber nicht nur den Eigentümer des Nachbargrundstücks für die durch Immissionen der in § 364a ABGB umschriebenen Art verursachten Schaden, sondern jeder, der die Beeinträchtigung durch eine, wenn auch behördlich genehmigte Anlage herbeiführt (RS0010519).

Der Anspruch besteht nicht nur gegen den Grundeigentümer, sondern gegen jeden, der das Grundstück für seine Zwecke nutzt (RS0010519). So hat auch der Störer schädigendes Verhalten des von ihm mit der Bauführung beauftragten Baumeisters und dessen Leute zu vertreten (RS0010519).

Die Haftung nach § 364a ABGB setzt außerdem voraus, dass von der Anlage Einwirkungen auf den Nachbargrund ausgehen, die für deren Betrieb „typisch“ sind (RS0010670). Dabei ist maßgebend, ob für den Haftpflichtigen der Eintritt des Schadens ein kalkulierbares oder gar kalkuliertes Risiko bildete, das er zu seinem Nutzen eingegangen ist (RS0106324).

Auf die Erkennbarkeit einer Gefährdung durch die Bauführung kommt es dabei ebenso wenig an, wie darauf, ob die Arbeiten fachgerecht durchgeführt wurden (RS0010705; RS0126490).

Für die Haftung der Zweitbeklagten für die durch die Errichtung einer Anlage auf ihrer Liegenschaft an Nachbarliegenschaften verursachte Schäden ist es unerheblich, ob man sie aus ihrem Eigentum an der Liegenschaft, auf der sie die Anlage errichtet, ableitet oder daraus, dass sie (bloß) ein fremdes Grundstück für ihre Zwecke benutzt und so mittelbarer Störer ist.

Die Zweitbeklagte war als Bauherrin unabhängig von den konkret erteilten Aufträgen an ihre Generalunternehmerin in der Lage, auf die Art der Bauführung Einfluss zu nehmen.

Das Aufstellen des Krans auf öffentlichem Grund in dicht besiedeltem Stadtgebiet hat eine besondere Gefahrensituation geschaffen. Weder eine bedenkliche Bodenbeschaffenheit oder mangelhafte Fundamentierung durch die Erstbeklagte würden ein für das Umstürzen eines Krans untypisches Risiko darstellen. Die Beklagte hatte somit als Störerin zu gelten und sich die Leute der Generalunternehmerin zurechnen zu lassen.

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