Unverhältnismäßigkeit von Aus- und Einbaukosten beim Verbrauchergeschäft
Der Verkäufer kann die Herabsetzung seiner Verpflichtung auf den anhand des Ver-trags unter Berücksichtigung von dessen Gegenstand und Zweck und den Wert der Sache in vertragsgemäßen Zustand zu ermittelnden „angemessenen Beitrag“ fordern. Austausch und Verbesserung ohne angemessene Kostenbeteiligung des Käufers muss er allein weder bewerkstelligen noch zahlen.
Die Kläger beauftragte die Beklagte mit der Lieferung von Natursteinplatten für den Außenbereich eines Hauses. Die beklagte Partei lieferte Platten im Ausmaß 195 m3, obwohl jedoch 223 m3 für die von der Klägerin in einheitlicher Optik angestrebte Verlegung der gesamten Fläche notwendig gewesen wären. Die nachgelieferten Platten wiesen eindeutige Farb- und Strukturunterschiede zu den Platten der Erstlieferung auf. Während der Ausführungsphase teilte die Beklagte mit, dass die optischen Unterschiede von der Feuchte des Klebers verursacht seien und sich dies anpassen würde, was sich jedoch nicht bewahrheitete.
Die klagenden Parteien forderten die Kosten von ca. 120.000 Euro für die Sanierung in Form einer kompletten Neuverlegung nach Abbruch des verlegten Materials. Der Preis für das Plattenmaterial betrug ca. 20.000 Euro.
Vorliegend stellte der OGH-basierend auf Rechtsprechung des EuGH zur sog. Verbrachsgüterrichtlinie sowie den Entscheidungen C-65/09 („Weber-Putz“) klar, wie die Ein- und Ausbauverpflichtungen eines (bloßen) Materiallieferanten im Rahmen der Mängelbehebung gehen. Weiters ging es um die Frage, wie lange primäre Gewährleistungsbehelfe (Austausch und Verbesserung) und ab wann nur mehr sekundäre Gewährleistungsbehelfe (Preisminderung) zu leisten sind.
Der Unternehmer darf beim „bloßen“ Kaufvertrag auch bei hohen Aus- und Einbaukosten sich nicht ohne weiteres auf die sog. „Unverhältnismäßigkeit“ des Aufwandes für den Übergeber (§ 932 Abs. 4 S.1 ABGB) zurückziehen. Vielmehr schuldet er zunächst Verbesserung (Austausch) er kann aber zur Abwendung der Unverhältnismäßigkeit einen angemessenen Kostenbeitrag zur Sanierung vom Auftraggeber fordern. Erst wenn der Auftraggeber diesen Beitrag ablehnt kann der Lieferant auf die Preisminderung umschwenken. Bei Zweifel ist die Höhe des Kostenbeitrages gerichtlich zu ermitteln.
Entscheidung des OGH
Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache, hat er im Rahmen eines notwendigen Austausches der Sache, die der Käufer zwischenzeitig gutgläubig eingebaut hat, diese auf eigene Kosten auszubauen und die mangelfreie Sache einzubauen oder dem Käufer diese Kosten zu ersetzen (4 Ob 80/12m; RS0127994).
Er darf auch bei hohen Aus- und Einbaukosten die einzig mögliche primäre Abhilfe nicht per se ablehnen. Vielmehr kann er nur die Herabsetzung seiner Verpflichtung auf den anhand des Vertrags unter Berücksichtigung von dessen Gegenstand und Zweck im Hinblick auf die Vertragswidrigkeit und den Wert der Sache in vertragsgemäßen Zustand zu ermittelnden „angemessenen Beitrag“ fordern.
Nur wenn der Käufer seinerseits den auf ihn entfallenden angemessenen Anteil der Kosten nicht selbst tragen will und der Austausch oder die Verbesserung samt Aus- und Einbaukosten dann für den Verkäufer mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, kann dieser den Käufer gemäß § 932 Abs 4 ABGB auf die sekundären Behelfe beschränken. Der Käufer kann in einem solchen Fall auch vom Unternehmer nur noch Preisminderung begehren oder wandeln. Der Verkäufer muss Austausch und Verbesserung ohne angemessene Kostenbeteiligung des Käufers weder allein bewerkstelligen noch zahlen.
Sind Unternehmer und Verbraucher darüber uneins, ob sich aus dem Wert der Ware in mangelfreiem Zustand und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit die Pflicht ergibt, die Kosten von Austausch oder Verbesserung zur Gänze oder bloß anteilig zu tragen bzw in welchem Umfang sie zu tragen sind, ist dies vom Gericht zu klären.
Das Gericht hat deshalb nach Feststellung der Umstände mit Käufer und Verkäufer zu erörtern, ob die Bedeutung der Vertragswidrigkeit und der Wert des vertragsgemäßen Verbrauchsguts zu einer Herabsetzung der Kosten für den Übergeber führen, welcher Beitrag der angemessene ist und ob der Käufer zur Kostentragung des Restbetrags bereit ist. Wenn dieser dann erklärt, er sei nicht bereit, „seinen“ Anteil beizutragen, ist, weil die teilweise Kostentragung eine „erhebliche Unannehmlichkeit“ bedeute, ihm die Möglichkeit der Wahl des sekundären Behelfs einzuräumen (EuGH, C-65/09 und C-87/09).