Schadenersatz statt Gewährleistung: Verzug bei der Mängelbehebung und Vertrauensverlust

Schadenersatz statt Gewährleistung: Verzug bei der Mängelbehebung und Vertrauensverlust

Bei schuldhafter Verursachung von Mängeln kann Schadenersatz statt Gewährleistung gefordert werden. Zunächst steht jedoch nur Austausch oder Verbesserung zu. Das Erfüllungsinteresse kann unter anderem erst bei Verzug bei der Mängelbehebung oder Vertrauensverlust gefordert werden. Ob dieses vorliegt ist stets eine Einzelfallentscheidung.

Sachverhalt

Die Kläger schlossen mit den Beklagten einen Bauträgervertrag ab. Unter einem Bauträgervertrag versteht man im Wesentlichen eine Übereinkunft zwischen einem Wohnungs- oder Hauskäufer mit einem Bauträger (oftmals also der Erbauer) über ein zu errichtendes oder zu erneuerndes Objekt. Dabei sieht das Bauträgervertragsgesetz (BTVG) verschiedene Rechte und Schutzfunktionen für den Erwerber vor (Rücktritt, Sicherungen, etc). Nach Errichtung des Objektes forderten die Kläger Kosten für die Verbesserung einer von den Beklagten mangelhaft ausgeführten Fassade.

Vorinstanzen

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren vollumfänglich mit der Begründung, die Beklagten befinden sich nicht in Verbesserungsverzug, ab. Die Kläger erhoben gegen das Urteil des Berufungsgerichts Revision.

Oberster Gerichtshof

Der OGH stellte zunächst fest, dass auf den abgeschlossenen Bauträgervertrag die Gewährleistungsregeln zur Anwendung kommen, die vor der Gewährleistungsnovelle (GRUG, BGBl I 2021/175) in Geltung waren (Anmerkung: Im Wesentlichen ist die Rechtslage jedoch sehr ähnlich geblieben). Wird ein Mangel festgestellt, so kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache fordern und nicht sogleich den Preis mindern oder gar vom Vertrag zurücktreten (§ 932 Abs 2 und 4 ABGB). Dies soll sicherstellen, dass der Übergeber eine „zweite Chance“ erhält. Die Auflösung des Vertrages oder die Preisminderung kann nur gefordert werden, sofern

  • die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder
  • für den Übernehmer mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand verbunden wäre;
  • der Übergeber sich weigert den Austausch oder die Verbesserung vorzunehmen bzw
  • dies nicht in angemessener Frist tut (Verzug);
  • der Austausch bzw die Verbesserung für den Übernehmer erhebliche Unannehmlichkeiten mitbringen würde oder
  • der Austausch bzw die Verbesserung aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar ist (Vertrauensverlust).

Neben der „klassischen“ Gewährleistung kann der Übernehmer, sofern der Übergeber den Mangel schuldhaft verursacht hat auch Schadenersatz fordern (§ 933a ABGB). Dieser besteht primär in der Verbesserung oder dem Austausch. Wenn diese Behelfe jedoch unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der „klassischen“ Gewährleistung (siehe dazu die Ausführungen oben) nicht möglich sind, dann steht dem Übernehmer Geldersatz in Form des sogenannten Erfüllungsinteresses zu (§ 933a Abs 2 ABGB). Im Wesentlichen sind dies die Kosten der Mängelbehebung.

Damit der Übernehmer nicht in „Vorkasse“ gehen, die Verbesserung oder den Austausch selbst bezahlen und erst im Nachhinein das Geld vom Übergeber fordern muss, kann der Übernehmer das sogenannte Deckungskapital verlangen. Das ist ein zweckgebundener vom Übergeber geleisteter Vorschuss, der zur Mängelbehebung eingesetzt werden muss.

Ob Verbesserungsverzug oder Vertrauensverlust vorliegt und somit Rücktritt, Preisminderung oder im Wege des Schadenersatzes das Erfüllungsinteresse gefordert werden kann ist stets eine Einzelfallentscheidung.

In diesem Fall haben die Kläger diverse Mängel (die nun nicht mehr verfahrensrelevant sind) geltend gemacht und legten nach Klagseinbringung, mehr als zwei Jahre nach der Übergabe des Objektes zwei Privatgutachten vor, in denen erstmals auch Mängel der Dämmung der Fassade angesprochen wurden. Die Beklagten replizierten, dass sie die Leistung mängelfrei erbracht hätten, die neu aufgeworfenen Fassadenmängel aber beheben würden, wenn ein in die Sachverständigenliste eingetragener Gutachter diese als Mangel qualifiziert.

Drei Monate später dehnten die Kläger bereits ihre Forderung auf die Zahlung der Behebungskosten aus. Die Beklagten beantworteten dies damit, dass sie ja die Behebung der Mängel zugesagt hätten, deswegen kein Verzug bei der Behebung vorliege und dadurch auch kein Anspruch auf die Zahlung der Kosten der Ersatzvornahme bestehen würde. Die Kläger stützten ihre Forderung nicht nur auf das Argument des Verzuges bei der Mängelbehebung, sondern auch darauf, dass die Sanierung durch die Beklagten nicht zumutbar sei, da kein Vertrauen mehr in sie bestehe.

Das Erstgericht und Berufungsgericht haben dieses Begehren dem OGH zufolge jedoch zu Recht abgelehnt. Einerseits muss derjenige, der Gewährleistung geltend macht konkrete Mängel zumindest durch Beschreibung der auf ihr Vorhandensein hinweisenden Folgen behaupten und darauf Bezug nehmend ein konkretes Begehren auf Verbesserung eines konkreten Mangels erheben. Das Übersenden eines Privatgutachtens und ein darauf verweisenden Anwaltsschreiben reiche nicht aus. Ein Verbesserungsverzug liegt daher jedenfalls nicht vor, da die Übergeber keine Mängelbehebung bloß aufgrund dieser Behauptungen durchführen mussten.

Auch ein Vertrauensverlust, der die Forderung der Ersatzvornahme rechtfertigen könnte liegt nicht vor bzw wurde nicht hinreichend substanziiert von den Klägern behauptet. Ein Vertrauensverlust tritt insbesondere dann ein wenn

  • trotz Rüge mangelhaft geleistet wird,
  • wenn die mangelhafte Leistung „sicherheitsrelevant“ war oder wenn
  • die Übergeber bewusst oder grob fahrlässig ein Fehlverhalten gesetzt haben.

Die Beklagten wurden zwar bereits rechtskräftig zur Behebung anderer (nicht revisionsgegenständlicher) Mängel verpflichtet, daraus kann dennoch kein Vertrauensverlust abgeleitet werden, insbesondere auch deshalb, weil die Behebungskosten in Höhe von 4.255 € im Verhältnis zum Kaufpreis von über 280.000 € gering sind.

Eine für die Revision erforderliche erhebliche Rechtsfrage lag daher nicht vor und damit ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Die Forderung der Mängelbehebungskosten erfolgte daher zu Unrecht.

Blog-Beitrag gemeinsam erstellt mit Paul Moik.

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