Schadenersatz bei fehlenden Anschlagpunkten am Dach

Schadenersatz bei fehlenden Anschlagpunkten am Dach

Sicherheitsausstattungen am Dach müssen auch Nicht-Professionisten zum Schutz dienen. Das Wesen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs liegt darin, dass aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, welche die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte. Bei Vertragsverletzungen ergibt sich dieser aus den Interessen, die der Vertrag schützen sollte.

Der Kläger beauftragte den Beklagten mit der Lieferung und Montage eines Fertigteilhauses. Dieses wurde dem Kläger 2017 übergeben. Die mit der Errichtung des Steildaches beauftragte Nebenintervenientin hätte das Dach gemäß ÖNORM B 3417 mit Anschlagpunkten ausstatten müssen, damit Dachwartungsarbeiten aus sicherheitstechnischer Sicht möglich sind.

Als nach einiger Zeit Ziegel brachen, erklärte die Nebenintervenientin, dass der Kläger einen ortsansässigen Dachdecker mit der Reparatur beauftragen solle. Der Kläger unternahm selbst den Versuch, erkannte dass die Sicherheitsausstattung fehlte, fuhr mit der Reparatur ungesichert fort, stürzte aus ungeklärter Ursache ab und ist nun querschnittsgelähmt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten unter Berücksichtigung eines gleichteiligen Mitverschuldens 7.000 EUR sA für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs. Hätte die Beklagte das Dach nach dem Stand der Technik mit Anschlagpunkten versehen, hätte sich der Kläger absichern und den Unfall vermeiden können.

Vorinstanzen

Die Beklagte habe zwar vertragswidrig gehandelt indem sie keine Anschlagspunkte montiert hat, jedoch fehle für einen Schadenersatzanspruch der Rechtswidrigkeitszusammenhang, weil die Verwendung der Anschlagpunkte Professionisten vorbehalten ist. Darüber hinaus habe der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt, weil ihm das Fehlen der Absturzsicherung beim Besteigen des Daches bewusst gewesen sei.

Im Übrigen sei die Kausalität völlig offen, weil der Kläger kein Vorbringen erstattet habe, welche Sicherheitsvorkehrungen er getroffen hätte, wenn Anschlagpunkte am Dach vorhanden gewesen wären.

OGH

Die Revision des Klägers ist zulässig, die Entscheidung der Vorinstanzen wurde aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Rechtswidrigkeitszusammenhang ist zu bejahen. Das Wesen des Rechtswidrigkeitszusammenhangs liegt darin, dass aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, welche die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte. Bei Vertragsverletzungen ergibt sich der Rechtswidrigkeitszusammenhang aus den Interessen, die der Vertrag schützen sollte.

Es ist unrichtig, dass die Montage von Anschlagpunkten nur dem Schutz von Professionisten dient, weil gerade bei Einfamilienhäusern eigenständige Reparaturarbeiten üblich sind. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Privatpersonen die notwendige Sicherheitsausrüstung beschaffen. Der eingetretene Schaden soll die Montageverpflichtung genau verhindern.

Ein Handeln auf eigene Gefahr liegt dann vor, wenn sich jemand einer ihm bekannten oder zumindest erkennbaren Gefahr aussetzt, die ein anderer geschaffen hat, wobei zwischen echtem und unechtem Handeln auf eigene Gefahr zu unterscheiden ist.

Da die Beklagte durch die fehlende Sicherheitsausstattung ihre vertragliche Verpflichtung verletzt hat, ist das Verhalten des Klägers, der trotz Fehlens einer Sicherungsmöglichkeit das Dach betreten hat, als unechtes Handeln auf eigene Gefahr zu qualifizieren, das ein Mitverschulden begründet, aber den Schadenersatzanspruch nicht ausschließen kann.

Das Erstgericht hat zur Kausalität keine Feststellungen getroffen, obwohl der Kläger vorgebracht hat, dass er sich abgesichert und so den Unfall vermeiden hätte können, wenn Anschlagpunkte vorhanden gewesen wären, zumal er Kletterkenntnisse gehabt habe und ein Kletterseil zur Absicherung vorhanden gewesen sei. Die Berechtigung des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs kann daher ohne entsprechende Feststellungen des Erstgerichts nicht beurteilt werden.

zurück