Haftung des Architekten für Fehler bei der Bauaufsicht

Haftung des Architekten für Fehler bei der Bauaufsicht

Übernimmt ein Architekt die Bauaufsicht, so hat er die Einhaltung der technischen Regeln und die behördlichen Vorschriften durch die mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Bauunternehmer zu überwachen und in umfassender Weise die Interessen des Bauherrn auch gegenüber den Professionisten wahrzunehmen.

Der Beklagte ist Absolvent der Akademie der bildenden Künste, wobei ihn diese Ausbildung zur Erstellung von Plänen und zur Ausschreibung von Bauleistungen, nicht aber dazu berechtigt, Einreichpläne zu verfassen, diese bei der Baubehörde einzureichen oder selbstständig die örtliche Bauleitung oder Bauaufsicht auszuüben.

Die Erstklägerin ließ ihr Haus umbauen und erweitern, um eine eigene Wohnmöglichkeit für ihren Sohn, den Zweitkläger, zu schaffen. Der Beklagte lieferte die Pläne für den Um- und Zubau und zeichnete auch die Einreichpläne für die Baubehörde, die ein befreundeter Ziviltechniker als Planverfasser fertigte.

Die Kläger wollten auch, dass der Beklagte die Bauleitung und die Bauaufsicht übernehmen solle. Formell erfolgte über Veranlassung des Beklagten die Beauftragung eines Ziviltechnikers mit diesen Agenden. Die Streitteile beabsichtigten jedoch niemals, dass jemand anderer als der Beklagte tatsächlich die Leistungen der Professionisten überprüfen sollte.

Der Beklagte fertigte für die jeweiligen Professionisten Pläne und Skizzen an, die als Grundlage für ihre Tätigkeit dienten. Soweit Professionisten Detailpläne verfassten, hielten sie mit dem Beklagten Rücksprache. Er erstellte auch Pläne für die Einfriedung, in denen keine Maße für die Breite der Sockelmauer angeführt waren.

Die Kläger begehrten Mängelbehebungskosten und Schadenersatz. Dazu brachten sie vor, der Beklagte habe als von ihnen beauftragter Architekt die von ihm übernommene Planung, Baukoordination, Bauleitung und Bauaufsicht mangelhaft, schleppend und ungenügend ausgeübt.

Entscheidung des OGH

Ob ein Architektenvertrag ein Werkvertrag oder ein gemischter Vertrag mit Elementen des Bevollmächtigungsvertrags ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (RS0019364).

Obliegt dem Architekten auch die Oberleitung des Baus sowie die örtliche Bauaufsicht, kommt dadurch der übereinstimmende Wille der Vertragspartner zum Ausdruck, den Architekten mit der Wahrnehmung der Interessen des Bauherrn gegenüber Behörden und Professionisten zu betrauen. Immer dann, wenn die damit übernommene Aufgabe zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers dem mit dem Architekten geschlossenen Vertrag das Gepräge gibt, überwiegen die Elemente des Bevollmächtigungsvertrags (1 Ob 2409/96p).

Übernimmt ein Architekt die Bauaufsicht, so hat er die Einhaltung der technischen Regeln und die behördlichen Vorschriften durch die mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Bauunternehmer zu überwachen und in umfassender Weise die Interessen des Bauherrn auch gegenüber den Professionisten wahrzunehmen. Der Bauaufsichtsführende darf jedoch wie der Bauherr selbst auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen und muss nur dort einschreiten, wo Fehler für ihn erkennbar sind (RS0021552).

Haftet der Beklagte nicht aufgrund einer selbstständigen Garantiezusage für die Mängelfreiheit, kann er sowohl für den in Form des Deckungskapitals geltend gemachten Verbesserungsaufwand als auch für allfällige Mängelfolgeschäden nur bei schuldhaft rechtswidrigem Verhalten haftbar gemacht werden (1 Ob 2409/96p).

Der Architekt hat grundsätzlich an Ort und Stelle dafür Sorge zu tragen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht (RS0059522). Das setzt voraus, dass er als der die Bauaufsicht Ausführende bei pflichtgemäßer Ausübung der von ihm übernommenen Aufsicht Mängel in der Ausführung der Arbeiten der unterschiedlichen Professionisten so rechtzeitig erkennen hätte können, dass er auf deren Vermeidung oder aber zumindest Beseitigung vor Fertigstellung der einzelnen Gewerke dringen hätte können. Ob das auch nur hinsichtlich einzelner der festgestellten Ausführungsmängel zutrifft, kann allein mit dem Verweis darauf, dass die angeführten Mängel auffallen mussten, nicht beantwortet werden, legt doch die Formulierung „auffallen müssen“ nahe, dass damit ein bereits eingetretener Mangel angesprochen ist.

Für einzelne Gewerke ergibt sich aus den Feststellungen, dass der Beklagte zumindest versucht hat, auf eine Verbesserung hinzuwirken. Blieb ein solches Bemühen ohne Erfolg, und hätte er auch das Entstehen des Mangels selbst bei pflichtgemäßer Ausführung seiner Aufgaben nicht verhindern können, besteht keine Grundlage für seine schadenersatzrechtliche Haftung für das Deckungskapital für die Verbesserung.

Die vorliegende Entscheidung stellt klar, dass es für eine Haftung des die Bauaufsicht führenden Architekten für (mangelfolge-) Schäden mehrerer Voraussetzungen bedarf:

  • Der Architekt muss die Schäden kausal verursacht haben (bloßer Schadeneintritt reicht also nicht)
  • Dies setzt voraus, dass dem Architekten die Mängel sofort aufgefallen sein müssen und eine sofortige Behebung möglich sein musste.

Die Behebung der Mängel/Schaden musste – gegenüber deren Behebung noch während der Bauführung – einen Zusatzaufwand (Schaden) verursacht haben (Sonst liegen „Sowieso-Kosten“ vor).

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