Wandlung trotz geringer Reparaturkosten

Wandlung trotz geringer Reparaturkosten

Ob bloß ein geringfügiger Mangel vorliegt, ist anhand des konkreten Vertrages und anhand einer objektiven Abwägung der Interessen der Vertragspartner nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist auch das berechtigte und nachvollziehbare Interesse des Übernehmers an der Wandlung zu beachten.

Der Kläger beauftragte den Beklagten mit der Lieferung und Montage von Fenstern zu einem Preis von ca. EUR 21.000,00 und Sonnen- und Insektenschutzrollos zu einem Preis von ca. EUR 12.000,00. Der Kläger ersuchte den Beklagten um Mängelbehebung, da trotz Installation durch einen Spalt Insekten ins Haus eindrangen.

Der Beklagte und der Vorlieferant lehnten vor und während des Prozesses die geforderte Mängelbehebung ab. Der Kläger begehrte Wandlung und Rückzahlung der EUR 12.000,00 für die Sonnen- und Insektenschutzrollos.

Der OGH hielt fest, dass gemäß § 932 Abs 4 ABGB das Recht auf Wandlung nur zusteht, wenn es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt. Bei der Frage, wie weit bei der Beurteilung des Gewichts des Mangels auf subjektive und/oder objektive Elemente abzustellen ist, ist zu differenzieren. Nur wenn der mit dem Erwerb vom Übernehmer angestrebte Zweck bzw sein Motiv bei Vertragsabschluss erkennbar ist, ist bei der vorzunehmenden Interessenabwägung neben dem objektiven Gewicht des Mangels auch der deklarierte Erwerbszweck mitzuberücksichtigen (RS0119978 [T1]).

Eine ausdrücklich vereinbarte Eigenschaft liegt vor, wenn der Käufer ausdrücklich oder zumindest schlüssig ein besonderes Interesse an gerade dieser Eigenschaft deutlich gemacht hat (RS0120610 [T6] = 8 Ob 92/15k). Es kommt nicht darauf an, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte (2 Ob 78/15g). Fehlt eine ausdrücklich vereinbarte Eigenschaft, kann nicht mehr von einer Geringfügigkeit eines Mangels gesprochen werden (RS0120610, 2 Ob 78/15g, 8 Ob 92/15k).

Es ist damit zunächst zu beurteilen, ob eine (zumindest konkludent) zugesicherte Eigenschaft vorliegt, weil diesfalls das Vorliegen des entsprechenden Mangels regelmäßig bereits zur Verneinung der Geringfügigkeit führt.

Dass ein Insektenschutzrollo Insekten vom Eindringen in das Haus abhält, ist die gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft eines solchen. Aufgrund einer Interessenabwägung ist in Folge zu beurteilen, ob ein die Wandlung ausschließender geringfügiger Mangel vorliegt.

Das Berufungsgericht hält richtig fest, dass sich der Mangel um EUR 1.600,00 beheben ließe, was grundsätzlich als Indiz für dessen Geringfügigkeit spricht. Zu beachten ist jedoch, dass dennoch ein nicht geringfügiger Mangel vorliegen kann, wenn sich der Übergeber weigert einen Mangel zu beheben und auch keinen Teilbetrag des erhaltenen Entgelts zur Reparatur zurückzuerstatten und der Übernehmer somit selbst die Reparatur vorfinanzieren muss bzw müsste. Genau dies geschah im vorliegenden Fall. Daher kann aus dem Umstand der geringen Reparaturkosten noch nicht die Geringfügigkeit des Mangels abgeleitet werden.

Bei der Interessensabwägung ist auch das berechtigte und nachvollziehbare Interesse des Übernehmers des Übernehmers zu beachten. Gerade weil der Insektenschutz nicht wirkt, kommt diesem Interesse entscheidendes Gewicht zu. Dass bei Verweigerung der Verbesserung durch den Veräußerer der Erwerber die sekundären Gewährleistungsbehelfe in Anspruch nehmen kann, ist eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung, die nicht unterlaufen werden darf.

Es kann deshalb dem Kläger auch nicht entgegnet werden, er hätte auf Verbesserung klagen sollen und seinen Anspruch in Folge exekutiv durchsetzen können. Spräche man dem Kläger das Recht zur Wandlung des Vertrags ab, so wäre er letztlich genötigt, sich auf Preisminderung zu beschränken und er bliebe auf dem funktionsuntüchtigen Produkt sitzen, welches er niemals wollte.

zurück