Keine Haftung der örtlichen Bauaufsicht, wenn nicht feststeht, dass diese objektiv fehlerhaftes Verhalten gesetzt hat (bloße Klagsbehauptung „alternativer Kausalität“ nicht ausreichend)

Keine Haftung der örtlichen Bauaufsicht, wenn nicht feststeht, dass diese objektiv fehlerhaftes Verhalten gesetzt hat (bloße Klagsbehauptung „alternativer Kausalität“ nicht ausreichend)

Bei Zweifel, ob eine Person überhaupt eine haftungsbegründende Handlung konkret gesetzt hat, kommt die Annahme der alternativen Kausalität nicht in Betracht. Ob und welche merkantile Wertminderung eine Liegenschaft aufweist, ist von einem Sachverständigen zu beurteilen und muss auf einen vom Schädiger zu vertretenden Mangel zurückzuführen sein.

Die Klägerin beauftragte den beklagten Architekten mit der Planung und örtlichen Bauaufsicht. Aufgrund eines Wassereintritts in die Einliegerwohnung und eines sich daraus ergebenden merkantilen Minderwerts, begehrte die Klägerin vom Architekten Schadenersatz.

Festgestellt wurde, dass zwei Ursachen für den Wassereintritt bestanden, nämlich einerseits eine fehlende Abdichtung im Anschlussbereich eines Schiebetür-Fensterelements, was nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten fiel, sowie andererseits das Eindringen von Wasser in die Rinne zwischen Betonsockel der Stein-Vormauerung und der inneren Betonmauer im Keller. Ob der beklagte Architekt bei der geplanten Abdichtung die Bauaufsicht nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat und somit auch für zweite Ursache die Verantwortung zu tragen hat, war nicht feststellbar.

Ein Fehler des Beklagten bei der örtlichen Bauaufsicht würde nur dann vorliegen, wenn diese Abdichtung entgegen der Planung überhaupt nicht ausgeführt wurde. Ob die Undichtheit im Fall der tatsächlich ausgeführten Kautschukabdichtung einen Fehler der örtlichen Bauaufsicht begründet und ob die bloße Undichtheit einer sach- und fachgerechten örtlichen Bauaufsicht hätte auffallen müssen, ist ebenfalls nicht feststellbar.

Zur alternativen Kausalität

Entgegen der Argumentation der Klägerin liegt in diesem Zusammenhang kein Fall der alternativen Kausalität vor:

Alternative Kausalität setzt voraus, dass mehrere potentielle Schädiger ein konkret gefährliches Fehlverhalten setzen und bis auf den strikten Nachweis der Ursächlichkeit alle haftungsbegründenden Elemente vorliegen (2 Ob 206/16g; vgl auch RS0022712). Die Annahme einer alternativen Kausalität ist dann nicht gerechtfertigt, wenn es zweifelhaft ist, ob die in Anspruch genommene Person überhaupt eine haftungsbegründende Handlung konkret gesetzt hat. Alternative Kausalität überbrückt demnach nicht Zweifel, ob überhaupt konkret gefährlich gehandelt wurde (RS0022721).

Hinsichtlich der zweiten Mangelursache wurde festgestellt, dass es zweifelhaft ist, ob der Beklagte ein Fehlverhalten gesetzt hat. Das Berufungsgericht hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass der Geschädigte beweisen muss, dass nach aller Erfahrung die Schadensentstehung auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes Verhalten des Schädigers zurückzuführen ist (RS0026290). Auch nicht im Widerspruch zur zitierten Rechtsprechung steht die Feststellung des Gerichts, dass der Klägerin der Nachweis einer Pflichtwidrigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Kautschukabdichtung nicht gelungen sei und deshalb eine Haftung des Beklagten dafür ausscheide.

Zur merkantilen Wertminderung

Als merkantile Wertminderung bezeichnet man eine Schadensposition, die jenen Schaden ausgleichen soll, der dem Geschädigten trotz einwandfreier Reparatur der Sache verbleibt (10 Ob 113/98k; vgl auch 1 Ob 321/99h).

Im Fall einer erfolgten Mängelbehebung bei potentiellen Käufern kann nämlich die Befürchtung bestehen bleiben, es könnten trotz der Schadensbehebung doch noch verborgene Mängel vorhanden sein oder künftige Schäden entstehen, was dazu führt, dass die Sache am Markt weniger Wertschätzung genießt. Dieses Misstrauen kann eine Minderung des Verkehrswerts der Sache bewirken. Nach der Rechtsprechung kommt diese auch bei Liegenschaften in Betracht.

Ob im Einzelfall eine merkantile Wertminderung auch tatsächlich eingetreten ist, ist eine Tatfrage (10 Ob 113/98k; vgl auch RS0030366). Mit Hilfe eines Sachverständigen ist daher zu klären, ob und welche merkantile Wertminderung die Liegenschaft nach der Sanierung allenfalls aufweist. Ergibt sich dabei, dass ein derartiger Minderwert der Liegenschaft überhaupt nur während eines überschaubaren vorübergehenden Zeitraums besteht, so könnte ein derartiger Schaden dem Kläger nur zuerkannt werden, wenn ihm der Nachweis eines konkreten Verwertungs- bzw Nutzungsausfalls vermögensrechtlicher Natur gelingt (10 Ob 113/98k).

Die Frage nach der Höhe der merkantilen Wertminderung bzw der Aufteilung auf mehrere Schädiger kann erst dann aufgegriffen werden, wenn feststeht, dass eine solche Wertminderung auf vom Beklagten zu vertretenden Mängel zurückzuführen ist (10 Ob 113/98k).

Die nicht näher begründete Behauptung der Klägerin, dass – unabhängig von der Frage, auf welche Mängel sich die merkantile Wertminderung überhaupt bezieht – „Baumeister und Planer (hier örtliche Bauaufsicht), die für Fassadenmängel und die Probleme mit der Wasserdichtheit verantwortlich sind, für die gesamte Wertminderung und nicht nur für den auf sie entfallenden Teil verantwortlich sind“, findet in der Rechtsprechung keine Grundlage.

Der gerichtliche Sachverständige hat ermittelt, dass auf den Beklagten eine merkantile Wertminderung entfällt, welche die Mängel im Bereich der Außenfassade/Vormauerung der Westfassade nach Sanierung des Bereichs der Südwestwecke/Terrasse/Untergeschoss und des Bereichs des Fensterbandes betreffen. Das Berufungsgericht beurteilte richtig, dass der Klägerin auch diese Schadensposition nicht zuzusprechen sei, weil der Beklagte für die Mängel im Bereich der der Südwestwecke/Terrasse/Untergeschoss nicht verantwortlich sei und die in Rede stehenden Mängel überdies bereits 15 Jahre zurückliegen, was nach der Einschätzung des Sachverständigen im Anlassfall keine merkantile Wertminderung mehr rechtfertige.

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