Gewährleistung aufgrund fehlenden Seeblicks

Gewährleistung aufgrund fehlenden Seeblicks

Die Lage einer Immobilie, insbesondere der Ausblick auf einen See oder ein Schloss, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung in der Regel „das“ wert- und preis-bestimmende Kriterium.

Die Beklagte hat als Bauträger eine Wohnhausanlage mit sechs Wohneinheiten sowie 14 KFZ-Abstellplätzen errichtet. Sie hat die Wohnhausanlage anschließend vermarktet und die einzelnen Wohnungen verkauft. Der Erstkläger erwarb die Wohnung W1, die Zweitklägerin die Wohnungen W2 und W3 und der Drittkläger die Wohnungen W4 und W5, jeweils samt dazugehörigem Kellerabteil und dazugehörigen KFZ-Abstellplätzen.

Die Kläger begehren Preisminderung bzw. Schadenersatz sowie Feststellung und stützen ihr Begehren darauf, dass Mitarbeiter der Beklagten im Zuge der Verkaufsgespräche jedem der drei Kläger ausdrücklich zugesichert hätten, dass ein freier uneingeschränkter Blick auf einen See und ein Schloss besteht. Dies habe die Beklagte auch in ihrem Verkaufsexposé beworben. Der Erstkläger habe sogar abweichend vom ursprünglichen Bauplan im Obergeschoß seiner Wohnung einen zusätzlichen Balkon errichten lassen, um den zugesicherten uneingeschränkten Blick genießen zu können. Das Nachbargrundstück sei jedoch in der Folge derart bebaut worden, dass der uneingeschränkte See- und Schlossblick nicht mehr gegeben sei. Da die Beklagte auch die Nachbarliegenschaft vermarktet habe, bestehe der Verdacht, dass sie die Kläger über deren zukünftige Bebauung arglistig getäuscht habe.

Den Klägern ist darin Recht zu geben, dass die Lage einer Immobilie, und zwar insbesondere der Ausblick auf einen See oder ein Schloss, nach allgemeiner Lebenserfahrung in der Regel „das“ wertbestimmende und preisbestimmende Kriterium darstellt.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung macht es einen Unterschied, ob der Verkäufer dem Käufer eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjektes zugesichert hat oder nicht: Ein Käufer, dem an einem uneingeschränkten Blick auf See und/oder Schloss sehr viel liegt und der sich diese Eigenschaft deshalb zusichern lässt, wird auch bereit sein, für diese Zusicherung einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Umgekehrt wird sich ein wirtschaftlich denkender Verkäufer für die Zusicherung eines fortdauernden uneingeschränkten Blickes einen höheren Kaufpreis ausbedingen, da eine solche Zusicherung eine rechtliche und wirtschaftliche Belastung für den Verkäufer darstellt, der, falls das Nachbargrundstück ihm gehört, dieses nicht bebauen darf, oder ansonsten Verträge mit dem Eigentümer über die Nichtbebauung abschließen muss, um seinem Kaufvertragspartner nicht ersatzpflichtig zu werden.

Für eine allfällige Preisminderung ist das konkrete vertragliche Austauschverhältnis maßgeblich, da die subjektive Äquivalenz der konkreten Leistungen wiederhergestellt werden soll (RS0018764).

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