BauKG: Schriftformgebot auch bei Pflichtenübertragung auf Projektleiter

BauKG: Schriftformgebot auch bei Pflichtenübertragung auf Projektleiter

Analoge Anwendung des § 3 Abs. 6 BauKG auf die Pflichtenübertragung nach § 9 Abs. 1 BauKG: Auch die Übertragung der Bauherrenpflicht an den Projektleiter einer Baustelle ist an das Schriftformgebot, wie es für die Bestellung eines Baustellen- und Planungskoordinators gilt, gebunden. Eine mündliche Übertragung reicht demnach nicht mehr aus.

Ein Mitarbeiter einer Baufirma, die mit Abbrucharbeiten beauftragt war, wurde bei einem Unfall im Zuge eines Deckeneinsturzes schwer verletzt. Der Unfall war auf eine offensichtliche Verletzung von Sicherheitsvorschriften durch die Bauherren zurückzuführen. Auf der Baustelle fehlte es einerseits an einer Einsturzsicherung, zudem war dem verletzten Mitarbeiter von seinem Dienstgeber weder ein Schutzhelm noch andere Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt worden. Es fehlte auch ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan).

 

Die Klage des verletzten Mitarbeiters richtet sich u.a. gegen die Bauherren, da diese ihre Pflicht zur Bestellung eines Planungs- und Baustellenkoordinators für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen missachtet hätten. Die Beklagten behaupteten ihrer Verpflichtung nachgekommen zu sein, indem sie ihre Pflichten mündlich auf den Projektleiter übertragen hätten.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 BauKG gibt es für den Bauherren keine explizite gesetzliche Formvorschrift hinsichtlich Übertragung der Bauherrenpflicht an einen Projektleiter. Berufungs- sowie Höchstgericht waren sich hier jedoch einig – dass sich der Bauherr nicht durch eine bloß mündliche Übertragung seiner Pflichten und seiner Verantwortung aus dem BauKG entziehen kann, indem er ein bloß mündlich erfolgte Bestellung eines Projektleiters behauptet.

 

Der OGH sah im Fehlen einer Formvorschrift für die Bestellung eines Projektleiters eine planwidrige Lücke des Gesetzes, weil der Zweck des Schriftformgebotes darin liegt, klare Verhältnisse hinsichtlich der Verantwortlichkeit zu schaffen und dem Interesse der Arbeitnehmer dienen soll, um leichter feststellen zu können, wer ihnen im Falle eines Schadens einzustehen hat. Auch soll damit ein Unterlaufen der Pflichten (und damit des Schutzzweckes des Gesetzes) verhindert werden.

 

In weiterer Folge wendet der OGH das für den Planungs- und Baustellenkoordinator gesetzlich verankerte Schriftformgebot des § 3 Abs. 6 BauKG auch auf die Übertragung der Bauherrenpflichten auf den Projektleiter analog an. Damit hat der OGH eine wichtige Frage zur Auslegung des BauKG beantwortet sowie eine Gesetzeslücke im Wege der Analogie geschlossen.

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