Formfreiheit des Liegenschaftskaufvertrages
Für den Verkauf einer Liegenschaft oder eines Wohnungseigentumsobjektes reicht es in Österreich aus, schriftlich oder mündlich über den Kaufpreis und den Kaufgegenstand eine Einigung zu erzielen. Der Käufer muss dabei grundsätzlich nur feststellbar sein. Eine Vereinbarung, dass der Vertragspartner den Käufer (aus einem bestimmten Personenkreis) namhaft machen kann, schadet daher nicht.
Sachverhalt
Der Beklagte war Eigentümer einer Eigentumswohnung. Diese beabsichtigte er zu verkaufen. Als Interessent trat der Kläger auf. Die Klagsparteien trafen sich zu Vorgesprächen über den beabsichtigten Kauf der Wohnung. Dabei war scheinbar noch unklar, wer die Wohnung erwerben soll. Der Kläger war gesundheitlich angeschlagen, weswegen entweder er, seine Gattin oder seine Tochter als Käufer der Wohnung in Frage kommen würde. Im Wesentlichen einigten sich die Parteien darauf, dass der Kläger eine Person aus seiner Familie namhaft machen könne, die als Käufer auftreten soll.
Nach diesem Gespräch – bei dem noch keine finale Einigung erzielt wurde – einigten sich die Parteien per SMS über den Kaufgegenstand und den Preis (das Kaufangebot stellte der Kläger). Wer nun tatsächlich der Käufer werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar.
Etwa drei Monate später legte der Kläger dem Beklagten einen Kaufvertragsentwurf zur Unterzeichnung vor, in dem er selbst (der Kläger) namentlich als Käufer genannt wird. Der Beklagte weigerte sich diesen Kaufvertrag zu unterzeichnen.
Der Kläger begehrt nun gerichtlich den Beklagten zu verpflichten in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Wohnung einzuwilligen, da jedenfalls mit der SMS-Nachricht ein Kaufvertrag zustande gekommen sei.
Der Beklagte argumentiert im Wesentlichen, dass die Einigung per SMS noch keinen gültigen Kaufvertrag zur Folge hatte, da nicht klar war, wer Käufer oder Käuferin der Eigentumswohnung werden sollte.
Vorinstanzen
Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten schuldig, Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises (in Höhe von rund 255.000 €), der Einverleibung des Eigentumsrechtes zuzustimmen. Nach den Vorgesprächen hätten sich die Parteien jedenfalls mit der SMS verbindlich über den Kaufpreis und den Kaufgegenstand geeinigt. Dass noch unklar war, wer schlussendlich tatsächlich der Käufer sein wird schadet nicht, da der Beklagte einverstanden war, dass der Kläger die Person des Käufers noch namhaft machen kann (seine Gattin oder Tochter). Nach herrschender Rechtsprechung reiche es aus, dass der Vertragspartner bei Annahme des Angebotes feststellbar und damit bestimmt ist (RS0014009).
Oberster Gerichtshof
Der Oberste Gerichtshof bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung der Vorinstanz und führte aus, dass die Argumentation des Beklagten nicht nachvollziehbar sei, dass keine verbindliche Einigung mit der SMS zustande gekommen sei. Der Beklagte war eindeutig damit einverstanden, dass es dem Kläger freistehe eine Person aus seiner Familie als Käufer namhaft zu machen. Überdies schien im vom Kläger übermittelten Kaufvertrag ohnehin er selbst als Käufer auf – also die Person, die auch das vom Beklagten angenommene Kaufvertragsangebot per SMS versendete.
Der Beklagte war daher schuldig zu sprechen, der Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers zuzustimmen.
Exkurs: Wie kommt ein Vertrag zustande?
Diese Entscheidung zeigt erneut, wie „einfach“ ein Verkauf einer Liegenschaft möglich ist. Es bedarf weder eines schriftlichen Vertrages, noch einer Unterschrift (Formfreiheit). Eine SMS, ja gar eine mündliche Einigung über den Kaufpreis und den Kaufgegenstand (essentialia negotii) reichen aus, um einen rechtswirksamen Kaufvertrag (den sogenannten „Titel“) zu schaffen.
Eigentum wird mit der Einigung noch nicht übertragen. Hierfür bedarf es in Österreich der Eintragung ins Grundbuch (der sogenannte „Modus“). Um jedoch eine solche Eintragung durchführen zu können bedarf es einer schriftlichen, notariell beglaubigten Urkunde, in der der Verkäufer ausdrücklich erklärt, sein Eigentum an den Käufer abtreten zu wollen („Aufsandungserklärung“). Wird also ein mündlicher Kaufvertrag, oder ein Kaufvertrag per SMS geschlossen, so kann der Käufer den Verkäufer gerichtlich dazu verpflichten eine solche Erklärung in einer Urkunde abzugeben, die die Eintragung des Eigentums ermöglicht.
Blog-Beitrag gemeinsam erstellt mit Paul Moik.