CE-Kennzeichnung: Keine Qualitätsaussage

CE-Kennzeichnung: Keine Qualitätsaussage

Eine CE-Kennzeichnung trifft keine Aussage über die Qualität des Produktes. Das Verwenden von Produkten ohne CE-Kennzeichnung stellt daher nur dann einen Mangel dar, wenn eine CE-Kennzeichnung vereinbart wurde. Werden Angaben zum Verwendungszweck des bestellten Produktes getroffen, so gilt in der Regel der Stand der Technik (der zumeist der ÖNORM entspricht) für den konkreten Verwendungszweck als schlüssig vereinbart.

Sachverhalt

Der Kläger bestellte beim Beklagten die Lieferung und Montage von Türen für sein Gasthaus. Ausdrücklich vereinbart wurde nur, dass die Türen für den Gaststättenbetrieb geeignet sein müssen. Für den Gastrobetrieb sieht die geltende ÖNORM B 5339 die Anforderung der Klasse 6 nach der Klassifizierungsnorm EN 12400 vor. Diese soll die Funktion über 200.000 Zyklen des Öffnens und Schließen sichern. Geliefert und montiert wurden jedoch Türen der Klasse 5 der EN 12400. Diese Klasse sieht nur 100.000 Zyklen vor. Die Türen wiesen überdies eine CE-Kennzeichnung auf. Diese traf jedoch keine Aussagen über die Dauerbelastungsfähigkeit.

Aufgrund der verwendeten Profilsysteme ist aber „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ davon auszugehen, dass die Türen bei einer Dauerfunktionsprüfung ebenso 200.000 Zyklen erfüllen würden. Ein nachträgliches Prüfungszeugnis für bereits gefertigte Türen kann jedoch nicht ausgestellt werden.

Der Kläger begehrte nun die Wandlung und Rückzahlung des Anzahlungsbetrages Zug um Zug gegen Rückstellung der Türen: Die Türen würden nicht dem Stand der Technik entsprechen und seien nicht für den Gastrobetrieb geeignet (Klasse 5 statt 6).

Vorinstanzen

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Fehlen des Nachweises, dass die Türen der Klasse 6 nach EN 12400 entsprechen stellt einen Mangel dar. Dieser ist weder behebbar, noch geringfügig, weshalb die Wandlung zustehe.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Eine CE-Kennzeichnung sei keine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft und eine Zertifizierung sei weder ausdrücklich, noch schlüssig vereinbart worden. Daher komme es nur darauf an ob die Türen die vereinbarten Eigenschaften aufweisen. Da diese mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klasse 6 entsprechen ist ein Mangel zu verneinen.

Oberster Gerichtshof

Zunächst stellte der OGH fest, dass es sich bei der CE-Kennzeichnung nur um eine vom Hersteller eigenverantwortlich abgegebene Erklärung handelt, dass das Produkt allen anzuwendenden EU-Vorschriften entspricht. Die Kennzeichnung sagt jedoch nichts über die Qualität aus. Vielmehr muss der Verwender des Produktes prüfen, ob das Produkt der intendierten Nutzung genügt. Das Verwenden von Produkten ohne CE-Kennzeichnung stellt daher nur dann einen Mangel dar, wenn eine CE-Kennzeichnung vereinbart wurde (7 Ob 43/23h Rz 42; unseren Blog-Beitrag zu dieser Entscheidung finden Sie hier). Dass in der CE-Leistungskennzeichnung des Herstellers Angaben über die Dauerbelastungsfähigkeit fehlen stellt diesfalls keinen Mangel dar, da die Parteien keine Vereinbarung über konkrete Prüfnachweise oder Inhalt der CE-Leistungskennzeichnung getroffen haben.

Einig war man sich jedoch, dass Türen geliefert werden sollten, die sich zur Verwendung in einem Gasthaus eignen sollten. Damit wurde schlüssig vereinbart, dass die Türen dem Stand der Technik entsprechen sollten, der sich insbesondere aus den internationalen Normen und ÖNORMEN ergibt (RS0038622 [T20]). Da der Stand der Technik für Gastronomietüren die Funktionsklasse 6 der EN 12400 mit 200.000 Zyklen ist, hätten daher auch solche Türen geliefert werden müssen. Grundsätzlich sei auch der Ansicht zuzustimmen, dass kein Mangel vorliege, wenn eine solche formale Kennzeichnung fehle, das Produkt jedoch tatsächlich diese Eigenschaften aufweise. In diesem Fall entsprechen die Türen jedoch nur mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ der Eignung als Gasthaustüren. Der Kläger habe jedoch nicht Türen bestellt die mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ die Anforderungen erfüllen: Die bedungene Eigenschaft muss positiv feststehen. Die verbleibende Unsicherheit, ob die Türen nun tatsächlich für diesen Zweck geeignet sind, bedeutet deshalb ein Abweichen von der geschuldeten Leistung.

Der OGH hat festgestellt, dass nicht eindeutig erkennbar ist ob das Erstgericht mit der Aussage „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ auf das Regelbeweismaß der ZPO Bezug genommen hat (in Österreich muss ein Richter grundsätzlich in der Regel nur von der hohen Wahrscheinlichkeit überzeugt sein um eine Tatsache positiv feststellen zu können; vgl
Spitzer in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON Vor §§ 266 ff ZPO Rz 12 [Stand 9.10.2023, rdb.at]) und somit eine Qualität der Klasse 6 positiv feststellen wollte, oder ob es sich auf eine solche Tatsachenfeststellung gerade nicht festlegen konnte. Aus diesem Grund sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache ist zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Kann der Beklagte nachweisen, dass die Türen die Qualitätsanforderungen der Klasse 6 erfüllen, so liege kein Mangel vor. Wird diese Klasse nicht erfüllt, so ist vom Fehlen einer bedungenen Eigenschaft auszugehen, weshalb eine Wandlung möglich sei.

Eine vom Beklagten behauptete verspätete Mängelrüge liege ebenso nicht vor. Eine Prüfungspflicht nach § 377 UBG besteht nur bei offensichtlichen, in die Augen fallenden Mängeln. Ob eine Türe (ohne konkrete Kennzeichnung) der Funktionsklasse 5 oder 6 zugehört, ist nicht ohne weiteres erkennbar. Der Gasthausbesitzer hat den Mangel der nicht gegebenen Eignung für den Gasthausbetrieb in der Klage – und somit rechtzeitig – ausgeführt.

Blog-Beitrag gemeinsam erstellt mit Paul Moik.

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