Dauernde Invalidität und Körperteile
Dauernde Invalidität ist der gänzliche oder teilweise Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen, organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit. Bei der Funktionsbeeinträchtigung kommt es dabei nicht auf den Sitz der Verletzung an, sondern darauf, wo sich die Verletzung auswirkt.
Sachverhalt
Der Vater des Klägers zog sich bei einem Sturz einen – dem Arm zuzuordnenden – Mehrfragmentverrenkungsbruch des rechten Oberarmkopfes zu. Die eingesetzte Delta-Reverse-Prothese wurde nach Auftreten einer Infektion entfernt und durch einen Spacer ersetzt. Der Vater des Klägers litt an einer Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks, die eine Gebrauchsminderung des Armes bewirkte. So war die Innen- und Außenrotationsbewegung im Wesentlichen aufgehoben, ein Nacken- und Kreuzgriff nicht mehr durchführbar und die Muskulatur des rechten Armes verschmächtigt.
OGH-Entscheidung
Dauernde Invalidität ist der gänzliche oder teilweise Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen, organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit (7 Ob 28/23b). Für den Fall einer dauernden Invalidität des Versicherten, hat der Versicherer die sich aus der Versicherungssumme und dem Grad der Invalidität zu berechnende Versicherungsleistung zu erbringen. Die Gliedertaxe bestimmt nach einem abstrakten und generellen Maßstab feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit der in ihr benannten Glieder.
Bei nicht in der Gliedertaxe genannten „anderen“ Körperteilen und Sinnesorganen bemisst sich der Invaliditätsgrad danach, inwieweit die normale körperliche oder geistige Funktionsunfähigkeit nach ausschließlich medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist.
In der Unfallversicherung hat damit die Beurteilung des Vorliegens und des Grades einer dauernden Invalidität bezogen auf einzelne Körperteile, bzw Sinnesorgane oder einer (nach medizinischen Gesichtspunkten) spezifischen Funktionsunfähigkeit zu erfolgen (RS0130798). Bei der Funktionsbeeinträchtigung kommt es dabei nicht auf den Sitz der Verletzung an, sondern darauf, wo sich die Verletzung auswirkt.
Die vom Berufungsgericht und dem Kläger als erheblich angesehene Frage der Zurechnung des Schultergelenks zum Arm im Sinn der Gliedertaxe stellt sich nicht. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausginge, dass eine Verletzung der „Schulter“ nicht vom Armwert der Gliedertaxe erfasst ist, wäre für ihn nichts gewonnen: Beim Unfall erfolgte eine Verletzung des rechten Armes und die Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks bewirkte ausschließlich eine (teilweise) Funktionsunfähigkeit des rechten Armes . Eine darüber hinausgehende selbständige Gebrauchsminderung der Schulter bzw anderer ihrer Komponenten steht hingegen nicht fest.
Vor diesem Hintergrund ist die Bemessung der dauernden Invalidität anhand des Armwerts durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insofern auch von dem vom Bundesgerichtshof zu IV ZR 104/13 entschiedenen Fall. Dort erlitt der Kläger beim Sturz eine Schulterprellung sowie eine Sprengung des linken Schultereckgelenks (der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Schulterblatt) mit positivem Klaviertastenphänomen (im Schweregrad Tossy II), was dort zu einer konkret festgestellten Gebrauchsminderung der linken Schulter führte.