Duldungsvollmacht des Bauleiters
Ist ein als (technischer) Bauleiter bezeichneter Angestellter eines Bauunternehmens weder dessen organschaftlicher Vertreter noch Prokurist, ist davon auszugehen, dass er zu allen Geschäften und Rechtshandlungen bevollmächtigt ist, die die Vornahme der Geschäfte eines solchen Bauleiters gewöhnlich mit sich bringen.
Im Werkvertrag zwischen Klägerin und Beklagten war ein Schriftformvorbehalt vereinbart. Der Bauleiter des Beklagten hat in mehreren Baubesprechungen Zusatzaufträge an die Klägerin im Namen des Beklagten erteilt. Dabei handelte es sich um Arbeiten, deren Ausführung durch die Klägerin sich der Beklagte „wünschte“. Der Beklagte selbst war persönlich bei zwei der Baubesprechungen anwesend, ohne den dort der Klägerin erteilten Zusatzaufträgen des Bauleiters zu widersprechen.
Der OGH bestätigte deshalb die Feststellung der Vorinstanzen, dass der Beklagte damit nach außen zu erkennen gegeben hat, seinen Bauleiter zur Erteilung von Aufträgen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben an die Klägerin bevollmächtigt zu haben.
Ist ein als (technischer) Bauleiter bezeichneter Angestellter eines Bauunternehmens weder dessen organschaftlicher Vertreter noch Prokurist, ist davon auszugehen, dass er zu allen Geschäften und Rechtshandlungen bevollmächtigt ist, die die Vornahme der Geschäfte eines solchen Bauleiters gewöhnlich mit sich bringen. Dazu gehört grundsätzlich nicht, einen von befugten Vertretern seines Unternehmens geschlossenen Vertrag in wirtschaftlich bedeutenden Punkten zu ergänzen oder abzuändern (2 Ob 43/10b).
Von der im Werkvertrag vereinbarten Schriftformvorbehalt können die Parteien im Übrigen jederzeit einvernehmlich abgehen (RS0014378; RS0038673). Macht ein Vertragspartner bestimmte Zusagen, widerspricht es den Grundsätzen des redlichen Verkehrs, wenn er sich im Nachhinein auf eine damit in Widerspruch stehende Klausel beruft (9 ObA 30/93).
In einem ähnlichen Fall wurde entschieden, dass der Geschäftsherr, welcher der Verhandlungsführung durch seinen Scheinvertreter widerspruchslos beigewohnt hat, nicht nur eine Duldungsvollmacht hinsichtlich des erzielten Vertrags, sondern auch hinsichtlich des damit notwendigerweise einhergehenden Abgehens vom Schriftformerfordernis begründet (7 Ob 642/85).
Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Die angefochtene Entscheidung ist daher auch im Zusammenhang mit dem Aspekt des Schriftformvorbehalts nicht zu beanstanden.