Übertragbarkeit des Wiederkaufsrechts bei Verschmelzung

Übertragbarkeit des Wiederkaufsrechts bei Verschmelzung

Das der übetragenden Gesellschaft (Genossenschaft) eingeräumte Vor-/Widerkaufsrecht geht bei der Verschmelzung auf die übernehmende Gesellschaft über.

A hatte von der B-GmbH im Jahr 2013 ein Grundstück gekauft. Im Kaufvertrag wurde unter anderem festgehalten, dass A innerhalb von zwei Jahren ein Hotel auf dem Grundstück zu bauen habe, ansonsten behalte sich die Verkäuferin ein Wiederkaufsrecht im Sinne des § 1070 ABGB vor. Dieses wurde auch grundbücherlich eingetragen. Im Jahr 2014 wurde die B-GmbH als übertragende Gesellschaft mit einer weiteren GmbH verschmolzen. A beantragte daraufhin gemäß § 136 Grundbuchsgesetz die Löschung des Wiederkaufsrechts und berief sich dabei konkret auf die Entscheidung 5 Ob 106/95.

Bisherige Judikatur und Kritik

Der OGH judizierte in der Entscheidung 5 Ob 106/95, dass bei der Verschmelzung ein der übertragenden Gesellschaft eingeräumtes Vorkaufsrecht gemäß § 1074 ABGB nicht übertragen werde, sondern erlöscheDie Verschmelzung führe zum Untergang der übertragenden Gesellschaft, die neue Gesellschaft sei ein anderes Rechtsobjekt.

Andererseits sprach der OGH in 5 Ob 124/03a aus, dass ein der übernehmenden Gesellschaft eingeräumtes Vorkaufsrecht auch nach der Verschmelzung fortbesteht.

Die Entscheidung 5 Ob 106/95 stieß in der Literatur auf große Kritik. Die übertragende Gesellschaft werde trotz Untergang als Teil der neuen Gesellschaft fortgesetzt. Die gesellschaftsrechtliche Gesamtfolge entspreche also nicht dem Erbfall. Nur wenn die Gesellschaft liquidiert werde, könne ein Vergleich mit dem Tod der natürlichen Person getroffen werden. Das Weiterbestehen des Vorkaufsrechts würde nach der Judikatur vom Zufall abhängen, je nachdem, welche Gesellschaft übertragende und welche aufnehmende Gesellschaft sei.

Judikaturänderung

Der OGH hat sich in der gegenständlichen Entscheidung 5 Ob 136/19i nun intensiv mit der Kritik zu 5 Ob 106/95 auseinandergesetzt und zur Verschmelzung ausgeführt, dass die Besonderheit der Verschmelzung darin liegt, dass die Beendigung einer juristischen Person ohne Liquidation erfolgen kann. Die übertragende Gesellschaft ist in der neuen juristischen Person weiterhin enthalten. Die Rechtsnachfolge dieser Art kann mit dem Tod von natürlichen Personen nicht gleichgehalten werden.

Zweck der §§ 1070, 1074 ABGB ist das Verhindern einer überlangen Beschränkung des Rechtsverkehrs. Dieser Zweck findet jedoch bei der juristischen Person seine Grenzen, weil diese kein natürliches Ende haben.

Aus all diesen Gründen kommt der fünfte Senat zum Schluss, dass die in 5 Ob 106/95 vertretene Ansicht, dass ein der übertragenden Gesellschaft eingeräumtes Vor- bzw. Wiederkaufsrecht bei Verschmelzung untergeht, nicht mehr aufrechterhalten werden kann, und das Gestaltungsrecht auf die neue Gesellschaft übergeht.

Drei Folgeentscheidungen (1 Ob 173/19a, 5 Ob 74/20y und 5 Ob 215/21k)

Zu dieser Entscheidung gibt es drei Folgeentscheidungen, nämlich 1 Ob 173/19a, 5 Ob 74/20y und 5 Ob 215/21k.

In 5 Ob 74/20y bejahte der OGH die Übertragung des Vorkaufsrechtes und stellte somit klar, dass die in den Judikaten zuvor aufgestellten Grundsätze nicht bloß für das Wiederkaufsrecht, sondern auch für das Vorkaufsrecht gelten. Der OGH sah außerdem bei der Anwachsung eine vergleichbare Ausgangslage, wie bei der Verschmelzung, da es insbesondere bei § 142 Abs 1 UGB ähnlich wie bei der Verschmelzung zu keiner Liquidation kommt.

All diese Grundsätze hat der OGH in 5 Ob 215/21k auch für die Verschmelzung von Genossenschaften gemäß GenVG anerkannt.

Insgesamt zeigt die Rechtsprechung des OGH, dass er die Tendenz hat, den Fortbestand von höchstpersönlichen Rechten bei der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge zu bejahen.

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