Anfechtung der Taxe in der BU-Versicherung
Der Versicherungsnehmer hat bei Vorliegen einer Taxvereinbarung nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens darzutun. Der Versicherer kann jedoch die Taxe anfechten, wenn diese den tatsächlichen Schaden erheblich, nämlich um mehr als 10 %, übersteigt.
In der gegenständlichen Betriebsversicherung ist eine Taxe vereinbart. Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Sachversicherung, bei der der Betrieb, nicht die Person des Betriebsinhabers versichert ist. Bei einer Sachversicherung ist regelmäßig der Wert der Sache (= Betrieb bzw Erlösverlust) der Versicherungswert (§ 52 VersVG). Dieser kann – wie unstrittig hier – durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls hat, es sei denn, dass sie den wirklichen Versicherungswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt (§ 57 VersVG).
Der Versicherungsnehmer hat bei Vorliegen einer Taxvereinbarung nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens darzutun. Vielmehr ist von der Richtigkeit der vereinbarten Taxe auszugehen. Damit wird eine Ausnahme vom versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot normiert, wonach der Versicherer nicht verpflichtet ist, mehr als den eingetretenen Schaden zu ersetzen (§ 55 VersVG). Diese Durchbrechung des Bereicherungsverbots hat aber insofern eine Schranke, als sich der Versicherer darauf berufen kann, dass zur Zeit des Versicherungsfalls die Taxe den Ersatzwert erheblich übersteigt. Insofern trifft den Versicherer die Beweislast (RS0111473).
Für die Anfechtung der Taxe reicht es aus, wenn der Versicherer behauptet, dass die Taxe den tatsächlichen Schaden erheblich, nämlich um mehr als 10 %, übersteigt. Ficht der Versicherer aber die Taxe an, treffen den Versicherungsnehmer Auskunft- und Belegpflichten.
Im gegenständlichen Fall hat der beklagte Versicherer habe im erstinstanzlichen Verfahren bloß die Taxvereinbarung selbst bestritten, jedoch kein Tatsachenvorbringen und damit keinen Einwand erhoben, dass die Taxe erheblich den Schaden übersteige und er genau diesen Umstand prüfen will. Hat der Versicherer keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Überschreitung des wirklichen Versicherungswerts, soll er gerade nicht – wie die Beklagte meint – „ins Blaue hinein“ eine gegenteilige Behauptung aufstellen.
Anmerkungen
In manchen Betriebsunterbrechungsversicherungen wird vereinbart, dass „eine Fixtaxe nach Personenschaden – für Betriebsumstellungskosten – auch dann geleistet wird, wenn der versicherte Betrieb durch die 100 % Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person nicht unterbrochen ist„. Ficht der Versicherer in diesem Fall die Taxe an, kann er sich bei der Ermittlung des tatsächlichen Schadens nicht am Erlösverlust des Betriebes orientieren, da dieser aufgrund dieser Sondervereinbarung nicht unterbrochen sein muss. Der Versicherer muss daher für die Frage, ob die Taxe den tatsächlichen Schaden erheblich, nämlich um mehr als 10 %, übersteigt, die Betriebsumstellungskosten heranziehen.