Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrates

Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrates

Aufsichtsratsmitglieder sind gegenüber Dritten, aber nicht gegenüber der Gesellschaft zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Eine Käuferin hat für ein Wohnungseigentumsobjekt ein Kaufangebot unterbreitet. Dieses Kaufangebot wurde vom Vorstand der Eigentümer-AG unter der aufschiebenden Bedingung angenommen, dass der Aufsichtsrat das Rechtsgeschäft genehmigt.

Nach einiger Zeit forderte die Käuferin die Vorlage des Aufsichtsratsbeschlusses. Bei einem Treffen mit der Eigentümer-AG durfte die Käuferin auf dem Laptop der Eigentümer-AG einen Blick auf den Aufsichtsratsbeschluss werfen und sah dort einen eingescannten Umlaufbeschluss mit den Unterschriften der Aufsichtsräte der Eigentümer-AG.

Überraschenderweise verständigte jedoch danach die Eigentümer-AG die Käuferin, dass der Kaufvertrag nicht rechtswirksam sei. Die Käuferin klagte daraufhin die Verkäuferin auf Einhaltung des Kaufvertrages. Die Unterinstanzen konnten nicht feststellen, ob alle Aufsichtsratsmitglieder den Umlaufbeschluss unterzeichnet hatten. Das Erstgericht wies daher das Klagebegehren der Klägerin ab. Die zweite Instanz hob das Urteil der ersten Instanz auf und änderte es in eine Klagsstattgebung, was auch vom OGH bestätigt wurde. Im konkreten Fall wäre es der Klägerin überhaupt nicht möglich gewesen, dass ein gültiger Aufsichtsratsbeschluss vorliegt. Einer Klagspartei kann nicht zugemutet werden, Tatsachen nachzuweisen, bei welchen die Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, da die Beweisnähe vielmehr beim Beklagten liegt. Weiters wäre es der Klägerin schon aufgrund der Verschwiegenheitsverpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder auch bei einem Zeugenbeweis gar nicht möglich gewesen, entsprechende Auskünfte zu verlangen. Hingegen hätten die Aufsichtsratsmitglieder gegenüber ihrer AG jedenfalls reden müssen, wäre ihre Aussage doch wesentlich dafür, wie die Verkäuferin bestmöglich den gegenständlichen Prozess führen könne. Die Verschwiegenheitsverpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder gilt nämlich nur gegenüber Dritten aber nicht gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber dem Vorstand.

Laut OGH hat daher das Berufungsgericht richtig entschieden, dass hier Kraft der für die beklagte Partei gegebenen Nähe zum Beweis diese beweispflichtig ist. Nach der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung kommt es zu einer Verschiebung der Beweislast dann, wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben. Da die Verkäuferin diesen Beweis nicht erbracht hat, ist von der Kenntnis sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder über die Beschlussfassung durch schriftliche Stimmabgabe auszugehen, weshalb von einem gültigen Aufsichtsratsbeschluss auszugehen ist. Die aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufvertrages ist daher eingetreten, was zur Klagsstattgebung führte.

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