Feststellung der Richtigkeit des Jahresabschlusses der KG
Der Anspruch auf Gewinnauszahlung entsteht bei der KG grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses. Erst dann ist eine Leistungsklage zulässig. Jedoch kann die Richtigkeit des Jahresabschlusses als Vorfrage festgestellt werden, wenn es nur einen Komplementär und einen Kommanditisten gibt.
Der Kläger ist Kommanditist der beklagten KG. Sein Bruder ist Komplementär. Der Kläger begehrt die Zahlung seines Gewinnanteiles und behauptet, sein Bruder habe die Jahresabschlüsse 2007 bis 2016 unrichtig erstellt. Keine dieser Bilanzen sei außerdem vom Käger anerkannt oder deren Richtigkeit festgestellt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger habe zuletzt unrichtige Jahresabschlüsse behauptet und seinen Gewinnauszahlungsanspruch auf den selbst berechneten Gewinnanteil gestützt. Werde das Ergebnis des Jahresabschlusses für die Ermittlung des Gewinnanteils vom Kommanditisten für unrichtig erachtet, sei die Geltendmachung des Gewinnanteils ohne vorherige Klage auf Herstellung eines richtigen Jahresabschlusses nicht zulässig. Das Berufungsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung auf, ließ aber die Revision zu.
Die Revision war laut OGH zulässig, aber nicht berechtigt.
Leistungsklage oder Feststellungsklage
Voraussetzung der Stattgabe einer Leistungsklage ist in der Regel die Fälligkeit der Leistung. Umgekehrt ist bei Bejahung der Fälligkeit ein Feststellungsinteresse in der Regel zu verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung verdrängt die Möglichkeit einer Leistungsklage bei gleichem Rechtsschutzeffekt die Feststellungsklage. Entscheidend ist daher, ob der Gewinnauszahlungsanspruch erst durch die Feststellung des Jahresabschlusses entsteht und fällig wird. Ist das der Fall, ist die Möglichkeit einer Leistungsklage von der Feststellung des Jahresabschlusses abhängig.
Ausschüttungsanspruch
Der Ausschüttungsanspruch bei der KG entsteht mit wirksamer Feststellung des Jahresabschlusses. Nach der Lehre handelt es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses um ein privatrechtliches Rechtsgeschäft, durch das der Inhalt des aufgestellten Jahresabschlusses verbindliche Wirkung zwischen den Gesellschaftern entfalten soll. Die heute herrschende Ansicht behandelt die Feststellung des Jahresabschlusses als Grundlagengeschäft, das der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, somit auch der Kommanditisten, bedarf, wobei der Gesellschaftsvertrag für die Feststellung auch abweichende Mehrheiten vorsehen kann.
Die Wirkung der Feststellung des Jahresabschlusses besteht nach der Lehre darin, dass hinsichtlich aller Fragen, für die der Jahresabschluss oder einzelne Positionen daraus von Bedeutung sind, eine für alle Gesellschafter verbindliche Determinante geschaffen wird. Der OGH schloss sich dieser Auffassung nun an. Der Anspruch auf Gewinnauszahlung entsteht daher grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses.
Jahresabschluss und Klagen
Der Kommanditist, der den Jahresabschluss nicht anerkannte, muss diesen nicht gegen sich gelten lassen, wenn er nicht den Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern entspricht. In diesem Fall kann der Kommanditist auf Feststellung der Unwirksamkeit des Jahresabschlusses oder auf Herstellung eines richtigen Jahresabschlusses klagen:
- Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Jahresabschlusses ist gegen die Gesellschaft zu richten.
- Die Klage auf Aufstellung des Jahresabschlusses ist gegen die geschäftsführenden Gesellschafter zu erheben.
- Soll hingegen eine bereits erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses bekämpft werden, erfolgt die Geltendmachung der Nichtigkeit des betreffenden Beschlusses mittels Klage gegen die übrigen Gesellschafter.
Die Klage auf Auszahlung des Gewinn(-anteil-)s ist demgegenüber grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten. Für den Regelfall pflichtet der OGH der Auffassung des Erstgerichts bei. Liegt bereits ein Jahresabschluss vor, der aber noch nicht festgestellt ist, ist zunächst die Feststellung des Jahresabschlusses, erforderlichenfalls durch Klage auf Zustimmung der übrigen Gesellschafter, zu begehren. Die vorgeschaltete Feststellung des richtigen Jahresabschlusses ist im Allgemeinen kein bloßer – unnötiger – Zwischenschritt, weil andernfalls bei mehreren Gesellschaftern jeder den seiner Ansicht nach richtigen Gewinnanspruch einklagen könnte. In jedem Verfahren wäre der Jahresabschluss nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung für die übrigen Gesellschafter festzustellen. Im Ergebnis könnten die Gerichte, wenn die Gesellschaft mehrere Gesellschafter hat, so zur Feststellung unterschiedlicher Jahresabschlüsse und unterschiedlicher Gewinne gelangen. Dies wird vermieden, wenn zunächst ein richtiger Jahresabschluss als Grundlage für die Gewinnverteilung festgestellt wird.
Hier Sondersituation
Gegenständlich hat der OGH aufgrund der Sondersituation, dass es nur einen Kommanditisen (den Kläger) und einen Komplementär gibt, entschieden, dass die (Un-)Richtigkeit des Jahresabschlusses nur als Vorfrage und damit ohne Bindungswirkung gegenüber anderen Gesellschaftern festgestellt werden kann, da alle Gesellschafter faktisch an dem Verfahren beteiligt sind (der Komplementär als Vertreter der KG). In dieser Sondersituation kann der Kläger daher sofort die Gesellschaft auf Leistung klagen. In diesem Fall ist als Vorfrage der sich aus einem zutreffenden Jahresabschluss ergebende Gewinn zu ermitteln. (Nur) Für diese Sonderkonstellation kann die sonst zur Herbeiführung der Fälligkeit erforderliche vorherige Feststellung des Jahresabschlusses entfallen.